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Dieses ist das 60. Kapitel von "Die Imitationskirche."

 

60. Weiße Magie und Harmlosigkeit

Frank L. Preuss

 

Inhalt

Zitat Nr. A Treatise on White Magic Eine Abhandlung über weiße MagieGrundgedanke
Page No. of pages Seite Zahl der Seiten
from  to   von  bis
1 26283 41444Geist und Energie sind gleichbedeutende und austauschbare Begriffe
2 29291 45451Jene Gesamtheit von Leben, Bewußtsein und Form, die wir Gott nennen
3 56561 72732Alles ist Geist
4939311131131Licht und Materie sind gleichbedeutende Begriffe
510110331211233Laßt deshalb Harmlosigkeit das Leitmotiv eures Lebens sein
613813811591591Um eines Prinzipes willen mit Persönlichkeiten ringen und kämpfen
715015231721732Atem - der Augenblick, der auf das Einatmen folgt
825025342772804Geistige Vorstellungskraft, auf das Vermögen, Gedankenformen aufzubauen
931532173433496Die Fähigkeit, sich willentlich vollständig jedem sinnlichen Eindruck zu verschließen
1032733153563594Sie stellen den geistigen Kern der kommenden Weltreligion dar
1140040124334342Die neue Gruppe der Weltdiener
1241341534474493Den inneren Empfindungsapparat und die Intuition verwenden
1341841814524521Beobachtet sie bei ihrer Arbeit. Dann geht nicht weiter mit
1444744934814844Wie Architekten und Brückenbauer
1545345644854873Die mathematischen Berechnungen, die der Konstruktion einer Brücke zugrunde liegen
1647247545045074Sei der Herr und Meister deiner Gedankenwelt
1755155225875893In einem echten Denker sehen wir den beginnenden Schöpfer
1855355425905912Die Gesetze des Denkens sind die Schöpfungsgesetze
1955455415915911Diese Form, die er geschaffen hat, wird gerade so lange andauern, als die dynamische Kraft seines Denkens sie zusammenhält
2055555515915922Eine scharfe Konzentration auf das Ziel und ein unverwandtes Festhalten der Absicht über die Wechselfälle des schöpferischen Wirkens hinweg
2155655725935942Er muß jene Absicht stetig und unversehrt den ganzen Zeitraum der Objektivität hindurch festhalten
2255756155945985Sich die Fähigkeit erwerben, „sein Denkvermögen stetig im Licht zu halten“
2357357536096102Seine Ideen anderen aufzwingen
2458258766186247Der Adept spricht kein Wort, das verletzen, Schaden anrichten oder verwunden könnte
2560360426396402Sich mit allem, was da atmet und fühlt, eins zu wissen
2660960916456462Jemand, der auch jene Kontinuität des Bewußtseins besitzt, die es ihm ermöglicht, sowohl innerlich wach als auch äußerlich tätig zu sein
2761061016466461Den neuen Himmel und die neue Erde erschaffen, von denen alle heiligen Schriften der Welt beredtes Zeugnis ablegen
2861061016476471Als Magier zu arbeiten - aber auf der schwarzen Seite

 

In diesem Kapitel "Weiße Magie und Harmlosigkeit" werden Auszüge aus dem Buch "Eine Abhandlung über weiße Magie" zitiert. Die Autorin dieses Buches ist Alice A. Bailey. Der englische Original-Titel des Buches ist "A Treatise on White Magic" und es stammt aus dem Jahr 1934.

Siehe www.lucis-trust.de

Der folgende Ausspruch von Jesus aus Matthäus 10,16 ist ein geeigneter für das Thema dieses Kapitels:

Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe; darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben.

Die folgenden Zitate enthalten zahlreiche Beschreibungen der Eigenschaften einer geistigen Person und von Gruppen von geistigen Menschen und sind deshalb für Mitglieder der wahren Kirche recht nützlich.

Jetzt folgen Zitate aus Alice A. Baileys Buch "Eine Abhandlung über Weiße Magie":

^  1
[26-28]
41-44
Die höchsten Bewusstseinsgruppen wirken von der Ebene der Monade aus, so wie der Eingeweihte niederen Grades von der Seelenebene
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aus wirkt und dabei Wahrnehmungsorgane – wenn eine so unzulängliche Bezeichnung erlaubt ist – und Erkenntnismittel benutzt, von denen der Durchschnittsmensch keine Ahnung hat; sie durchdringen oder umfassen mit ihrem Wahrnehmungsbereich jene Gesamtheit von Leben, Bewußtsein und Form, die wir Gott nennen. Diese Eingeweihten hohen Grades beginnen dann, eine Schwingung, ein offenbarendes Licht, einen Ton oder einen richtungsweisenden Laut wahrzunehmen, der ganz von außerhalb unseres Sonnensystems herrührt. Der einzige Weg, auf dem [27] wir einen Begriff von dem Vorgang gewinnen können, der für die Erweiterung des göttlichen Bewußtseins im Menschen maßgebend ist, besteht darin, die Beziehung zwischen Denkvermögen und Gehirn zu studieren und zu beachten, was eintritt, wenn das Gehirn zum intelligenten Werkzeug des Denkens wird. Dann müssen wir erforschen, welche Beziehungen die Seele zum Denkvermögen hat und was geschieht, wenn der Mensch von seiner Seele geführt wird und das Denkvermögen benutzt, um die Tätigkeit auf der physischen Ebene mit Hilfe des Gehirns zu beaufsichtigen. In diesen dreien – Seele, Denkvermögen und Gehirn – haben wir die Entsprechung und den Schlüssel zu dem Verständnis für Geist, Seele und Körper und ihre wechselseitigen Funktionen. Das war das Thema des Buches „Das Licht der Seele“. Wenn die in jenem Buch behandelten Bedingungen vollkommen erfüllt sind, dann tritt noch eine neue Erweiterung hinzu, und zwar: der Geistaspekt, des Menschen eigentliche Energiequelle, beginnt sich der Seele auf dem Weg über die Intuition zu bedienen und dem Seelenbewußtsein jene Gesetze, Kenntnisse, Kräfte und Inspirationen einzuprägen, welche die Seele zum Werkzeug des Geistes oder der Monade machen, ebenso wie der persönliche Mensch in einem früheren Stadium mit Hilfe des Denkvermögens zum Instrument der Seele wurde. Auf dieser früheren Stufe war die Entwicklung zweifach. Als die Seele vermittels des Denkvermögens die Herrschaft übernahm, wurde das Gehirn für die Seele ansprechbar. Der Mensch war zu einer Erkenntnis seiner selbst, so wie er wirklich war, und zu den drei Welten seiner nor-
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malen Evolution erwacht; später wurde er gruppenbewußt und blieb nicht länger ein abgesondertes Einzelwesen. Wenn die Seele unter die Herrschaft des Geistes kommt, kann man ebenso zwei entsprechende Stufen bemerken:

Erstens wird der Jünger nicht nur seiner Gruppe und der angeschlossenen Gruppen gewahr, sondern sein Bewußtsein erweitert sich, bis es ein planetarisches Bewußtsein genannt werden kann.

Zweitens beginnt er, dieses planetarische Bewußtsein in etwas noch Umfassenderes einzusenken und entwickelt allmählich das Bewußtsein für jenes größere Leben, welches [28] das planetarische Leben ebenso einbezieht, wie der Mensch mit seiner äußeren physischen Hülle solche lebendigen Organe wie das Herz oder das Gehirn umschließt. Wenn dies stattfindet, dann beginnt er die Bedeutung des Geistes zu erfassen, des Einen Lebens hinter allen Formen, der zentralen Energie, welche die Ursache aller Manifestationen ist.

Wenn der durchschnittliche Studierende dieses liest, so besteht seine erste Reaktion darin, daß er an die Körpernatur denkt, die ja eine oder andere Art von Energie zum Ausdruck bringt. So ist es die Dualität, die bemerkt wird, und das, was sie verursacht, ist in seinem Denken gegenwärtig. Eines der Haupterfordernisse für den okkulten Aspiranten ist es heute jedoch, im Sinne der einen Wirklichkeit zu denken, die an sich Energie und nicht anderes ist. Bei unserer Besprechung dieses schwierigen Stoffes ist es darum gut, die Tatsache hervorzuheben, daß Geist und Energie gleichbedeutende und austauschbare Begriffe sind. Nur wenn wir uns das klar machen, können wir eine Aussöhnung von Wissenschaft und Religion erreichen und zu einem echten Verständnis für die Welt wirksamer Erscheinungen gelangen, von welcher wir umgeben sind und in der wir uns bewegen.

Die Ausdrücke „organisch“ und „anorganisch“ sind weitgehend verantwortlich für die große Verwirrung und die scharfe Unter-
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scheidung, die im Denken vieler Menschen zwischen Körper und Geist, Leben und Form besteht und dazu geführt hat, daß man sich weigert, die wesensmäßige Identität beider anzuerkennen. Die Welt, in der wir leben, wird von den meisten als wirklich massiv und greifbar betrachtet; dabei glaubt man jedoch, daß sie irgendeine (in ihr verborgen liegende) geheimnisvolle Macht besitzt, die Bewegung, Tätigkeit und Veränderung hervorruft. Das ist natürlich grob ausgedrückt, aber es genügt, um die unintelligente Einstellung kurz zusammenzufassen.

 

^  2
[29-29]
45-45
Es sollte hier folgendes beachtet werden: nur wenn der Mensch sich selbst versteht, kann er ein Verständnis für das gewinnen, was jene Gesamtheit ist, die wir „Gott“ nennen.

 

^  3
[56-56]
72-73
Alles, was darauf abzielt, die Menschheit von irgendeiner Entwicklungsstufe emporzuheben, ist religiöse Arbeit und hat ein geistiges Ziel; denn Materie ist ja nur Geist auf der niedersten Ebene, und wie uns gesagt wird, ist Geist nur Materie auf der höchsten. Alles ist Geist, und diese Unterschiede entstanden nur durch das begrenzte Denken. Deshalb bilden alle, die für Gott wirken und von Ihm wissen – seien sie nun in einem fleischlichen Körper oder außerhalb – und die in irgendeinem Bereich göttlicher Manifestation tätig sind, einen Teil der planetarischen Hierarchie und sind integrale Einheiten in jener großen Wolke von Zeugen, welche die „Zuschauer und Beobachter“ sind.
73
Sie besitzen sowohl die Fähigkeit der geistigen Einsicht oder Wahrnehmung als auch die objektive oder physische Anschauung.

 

^  4
[93-93]
113-113
Licht bedeutet immer zweierlei: Energie und ihre Manifestation in irgendeiner Form, denn Licht und Materie sind gleichbedeutende Begriffe.

 

^  5
[101-103]
121-123
Schädliche magnetische Zustände als Folge davon, daß ein Mensch Kräfte falsch handhabt, sind die Ursache für das Böse in der uns umgebenden Welt einschließlich der drei unter den Menschen stehenden Reiche. Wie können wir als Einzelmenschen dies ändern? Dadurch, daß wir in uns Rechtlichkeit oder die Geisteshaltung entwickeln, keinem Wesen zu schaden oder ein Leid zuzufügen. Studiert euch also von diesem Gesichtspunkt aus. Beobachtet euer tägliches Betragen, eure Worte und Gedanken, um sie gänzlich von allem zu befreien, was für andere zum Schaden sein könnte. Bringt euch dazu, über euch selbst und über andere solche Gedanken zu hegen, die aufbauend und positiv, also ohne schädigende Tendenz in ihrer Auswirkung sind. Studiert die Wirkung, die ihr emotionell auf andere ausübt, damit ihr durch keine Stimmung, keine Depression und keine emotionelle Reaktion eurem Bruder schadet. Denkt
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in diesem Zusammenhang daran, daß gewaltsames geistiges Streben und gewaltsamer Enthusiasmus einen Mitmenschen sehr leicht schädigen können, wenn sie falsch angebracht oder in eine falsche Richtung gelenkt werden. Achtet deshalb nicht nur auf eure unrichtigen Neigungen, sondern auch auf die richtige Anwendung eurer Tugenden.

Wenn der Gedanke „Ich will keinem Wesen Schaden oder Leid zufügen“ das Leitmotiv eures Lebens ist, werdet ihr für rechte harmonische Zustände in eurer Persönlichkeit mehr tun, als wenn ihr noch so viel Disziplin in irgendeiner anderen Richtung übtet. Die drastische Reinigung, die ihr durch den Versuch herbeiführt, niemanden zu schädigen, trägt viel dazu bei, falsche [102] Bewußtseinszustände auszumerzen. Deshalb achtet darauf und nehmt diese Gedanken in euren abendlichen Rückblick auf.

Ich möchte einem jedem, der diese Seiten liest, dringend ans Herz legen, in der geistigen Lebensweise einen neuen Anfang zu machen. Ich möchte zu ihm sagen: vergiß alle früheren Erfolge, verwirkliche deinen glühenden Eifer und konzentriere dich auf den Plan.

Sicherlich sind inzwischen einige Fortschritte in der Gruppenerkenntnis gemacht worden, und man hat jetzt weniger Interesse für das isolierte Individuum. Zweifellos ist der Glaube an das Gesetz des Guten, das alle Schöpfung zu letzter Vollendung führt, gewachsen und dadurch auch die Fähigkeit, sich von den Dingen des individuellen Erlebens abzuwenden und konzentriert auf die dem Ganzen dienende Ziele hinzuarbeiten. Das ist das erstrebenswerte Ziel. Geistiger Weitblick, allumfassendes Verständnis und ein weiter Horizont sind die wesentlichen Voraussetzungen für alle Arbeit unter der Führung der Hierarchie der Adepten. Die dauerhafte Verankerung des Bewußtseins in dem Einen Leben und die Erkenntnis von der grundsätzlichen Einheit alles Erschaffenen müssen bis zu einem gewissen Grade entwickelt sein, ehe man einem Menschen gewisse Kenntnisse und Machtworte sowie die Handhabung jener Kräfte anvertrauen kann, welche die subjektive Wirklichkeit zur äußeren Offenbarung bringt.

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Deshalb sage ich euch heute – als ein älterer und vielfach erfahrener Jünger und Arbeiter in dem großen Weingarten des Herrn: Bemüht euch mit Eifer und Verständnis darum, niemanden zu schädigen oder zu verletzen, denn dadurch vernichtet ihr alle Begrenzung, wenn ihr es nur richtig und getreulich ausführt. Unrecht tun beruht auf Selbstsucht und einer egozentrischen Denkweise. Es ist die Manifestation von Kräften, die sich auf Selbstdurchsetzen, Selbstverherrlichung und Selbstbefriedigung konzentrieren. Harmlosigkeit*) [*) Das englische Wort „harmlessness“ (übersetzt mit „Harmlosigkeit“) bedeutet in diesem Buch die Geisteshaltung und das Bemühen, niemanden ein Unrecht oder Leid zuzufügen, niemanden zu verletzen oder zu benachteiligen. (Der Übersetzer).] ist die Lebensäußerung des Menschen, der sich selbst in allem erkennt, der bewußt als Seele lebt, dessen Wesen Liebe, dessen Methode allumfassende Einbeziehung ist, und für den alle Formen darin gleich sind, daß sie das Licht verschleiern und verbergen, daß sie nur äußere Manifestationen des [103] einen Unendlichen Seins sind. Diese Erkenntnis, laßt mich daran erinnern, wird sich durch ein wahres, echtes Verständnis für die Not eines Bruders, ohne Sentimentalität und Nützlichkeitserwägungen, kundtun. Sie wird zu jener Zurückhaltung im Sprechen führen, die daraus erwächst, daß man nicht an ein einzelnes Selbst denkt. Sie wird jenes sofortige Eingehen auf wahre Not hervorbringen, das ein Kennzeichen der Großen ist, die hinter der äußeren Erscheinung die innere Ursache sehen, welche zu den Zuständen im äußeren Leben führt; so kann von jener Weisheitshöhe aus wahre Hilfe und Führung gegeben werden. Harmlosigkeit führt im Leben zu Vorsicht im Urteilen, Zurückhaltung im Sprechen, zur Fähigkeit, sich eines impulsiven Handelns zu enthalten und einen Geist zu bekunden, der keine Kritik übt. So kann den Kräften wahre Liebe und jenen geistigen Energien, welche die Persönlichkeit zu beleben scheinen, freier Lauf gegeben werden, was folgerichtig zu rechtem Tun führt.

Laßt deshalb Harmlosigkeit das Leitmotiv eures Lebens sein.

 

^  6
[138-138]
159-159
Sie beobachten, wer um eines Prinzipes willen mit Persönlichkeiten ringen und kämpfen und doch das Bindeglied der Liebe unversehrt erhalten kann. Das zählt vielleicht mehr, als die Menschen sich klarmachen, und ein Mensch, der zu einem Prinzip steht und doch alle menschlichen Wesen liebt – der sich weigert, Kompromisse zu schließen und doch den Haß ablehnt – hat etwas zu bieten, was heute selten ist, und die Großen können ihn verwenden.

 

^  7
[150-152]
172-173
In der Wissenschaft des Pranayama handelt es sich dabei um den Augenblick, der auf das Einatmen folgt, in dem alle Kräfte des Körpers mit Hilfe des Atmens nach oben in den Kopf gezogen und dort konzentriert werden, bevor das Ausatmen beginnt. Wenn [151] dieser Augenblick des Atem-Anhaltens richtig ausgeführt wird, erbringt er eine Zwischenphase äußerster Konzentration, und eben in diesem Augenblick muss der Aspirant die günstige Gelegenheit ergreifen. Hierin liegt ein Hinweis.

Nun kommt der Vorgang des Ausatmens. Wir lesen in Regel IV: „Er treibt die Gedankenform von sich“. Das ist immer das Ergebnis des Endstadiums in der Wissenschaft vom Atem. Die Form, die durch den, der im richtigen Rhythmus atmet, mit Leben erfüllt wurde, wird ausgesandt, um ihre Arbeit zu leisten und ihre Mission zu erfüllen. Studiert diesen Gedanken mit Sorgfalt, denn in ihm liegt das Geheimnis schöpferischen Wirkens beschlossen.

In der Erfahrung der Seele wird die Erscheinungsform für die drei Welten durch intensive Meditation geschaffen; das ist immer die mit dem Atmen gleichlaufende Tätigkeit. Dann wird durch einen Willensakt, der zum Ausatmen führt und der in der Zwischenzeit der Kontemplation oder der Zurückhaltung des Atems dynamisch erzeugt oder erreicht wurde, die erschaffene Form in die Erscheinungswelt ausgesandt, um als Instrument der Erfahrung zu dienen, als ein Mittel zur Wesensäußerung und als ein Reaktionsapparat in den drei Welten menschlichen Lebens.

Durch Meditation und Zucht lernt der Jünger in seinem Leben hohe Zwischenaugenblicke zu erreichen, so oft er seine Kräfte auf der Ebene des Seelenlebens konzentriert; und dann sendet er durch einen Willensakt seine geistigen Absichten, Pläne und sein Leben mit dem Atem in die Welt der Erfahrung hinaus. Die Gedankenform, die er erschaffen hat, je nach der Rolle, die er spielen muß, und die Konzentration von Energien, die er mit Erfolg zustande gebracht hat, werden wirksam. Die Energie, die für den Nächsten
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Schritt notwendig ist, wird von der Seele ausgeatmet, strömt in den Lebenskörper hinunter und treibt so das physische Instrument zu der nötigen aufbauenden Tätigkeit an. Jener Aspekt des Planes, den er in der Kontemplation wahrgenommen hat, und jener Teil der allgemeinen Absicht der Hierarchie, bei dem seine Seele sich zur Mitarbeit aufgerufen fühlt, beides [152] wird gleichzeitig über das Denkvermögen in das Gehirn ausgeatmet; und so „treibt er die Gedankenform von sich hinaus“.

In der Wissenschaft des Pranayama umfasst dieses Stadium auch jenes Ausatmen, das, wenn es mit Bedacht und bewußter Absicht ausgeführt wird, dazu dient, alle Zentren zu erwecken und mit dynamischem Leben zu erfüllen. Mehr braucht hier nicht gesagt zu werden.

So haben wir in dieser Wissenschaft vom „Tiefatmen“ den ganzen Prozeß schöpferischen Wirkens und der evolutionären Entfaltung Gottes in der Natur enthalten. Es handelt sich um den Vorgang, durch den das große Leben, die Eine Existenz, die Erscheinungswelt hervorgebracht hat, und die Regel IV ist eine gedrängte Darstellung dieser Schöpfung. Ebenso ist sie die Formel, nach der die Einzelseele wirkt, wenn sie ihre Kräfte auf die Formbildung in den drei Welten menschlicher Erfahrung konzentriert.

Die rechte Anwendung des Lebensatems ist die ganze Kunst, mit welcher der Aspirant, der Jünger und der Eingeweihte beschäftigt ist; sie sind sich jedoch darüber klar, dass die Wissenschaft vom physischen Atem der am wenigsten wichtige Aspekt ist und sich folgerichtig aus der rechten Anwendung der Energie ergibt. Energie ist das Wort, mit dem wir den göttlichen Atem oder das göttliche Leben benennen.

In dem Gedankenleben des Jüngers und bei der großen Aufgabe, ein bewußter Schöpfer in Mentalstoff zu werden und dadurch Ergebnisse in der Erscheinungswelt hervorzubringen, enthält diese vierte Regel schließlich die Anweisungen, auf die das Werk gegründet ist. Sie umfaßt die Wissenschaft des gesamten magischen Wirkens.

 

^  8
[250-253]
277-280
Feuer ist das Symbol der Verstandeskraft; und jedes magische Wirken ist ein intelligenter Vorgang, der in der Kraftfülle der Seele und unter Verwendung des Denkvermögens ausgeführt wird. Um sich auf der physischen Ebene bemerkbar zu machen, ist ein Gehirn erforderlich, das für höhere Impulse empfänglich ist und von der Seele beeindruckt werden kann, die das „Chitta“ oder die Mentalsubstanz verwendet, um die nötigen Gedankenformen zu erschaffen und so die Ideen und Absichten der einsichtsvoll liebenden Seele zum Ausdruck zu bringen. Diese Ideen werden vom Gehirn erkannt [251] und so wie bei einer lichtempfindlichen Photoplatte
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den „Lebenslüften“aufgeprägt, die sich in der Schädelhöhle befinden. Wenn diese Lebenslüfte oder Kopfäther vom Magier in der Meditation empfunden und die Gedankenformen diesem Miniaturspiegelbild des Astrallichtes eingeprägt werden können, dann kann die wirkliche Kraft der Magie sich allmählich bemerkbar machen. Das Gehirn hat okkult die Befehle und Anweisungen des Denkvermögens „gehört“, das die Anordnung der Seele weitergibt. Die Lebenslüfte werden zu formbildender Tätigkeit angetrieben, genau so wie deren höhere Entsprechung, die „Abwandlungen des Denkprinzips, des Denkstoffes“ (wie Patanjali es nennt) in eine analoge formschaffende Tätigkeit versetzt werden. Diese können dann innerlich von dem Menschen, der das magische Werk zu vollbringen sucht, geschaut werden, und ein Großteil seines Erfolges hängt von seiner Fähigkeit ab, die Eindrücke genau zu registrieren und mit Klarheit die Formen des magischen Vorganges zu sehen, die er als magische Wirkungen in der Außenwelt kundtun möchte.

Es könnte also gesagt werden, daß es drei Stadien in dem Formbildungsprozeß gibt. Erstens: die Seele oder der Geistesmensch, der im Seelenbewußtsein konzentriert ist und an „dem geheimen Ort des Allerhöchsten“ wirkt, erschaut das Werk, das zu tun ist. Das erfolgt nicht nacheinander, vielmehr wird das vollendete magische Werk durch einen Vorgang erschaut, der überhaupt nichts mit dem Zeit- oder Raumbegriff zu tun hat. Zweitens: das Denkvermögen reagiert auf die Seele (die für das Werk, das vollbracht werden soll, Aufmerksamkeit fordert) und wird durch diese Beeindruckung zu einer Gedankenform-bildenden Tätigkeit angetrieben. Je nach der Klarheit und Erleuchtung des Denkstoffes wird auch die Reaktion auf den Eindruck ausfallen. Ist das Denkvermögen ein wahrer Spiegel und Empfänger der Seeleneindrücke, dann wird die sich daraus ergebende Gedankenform ein getreues Abbild des Urbildes sein. Ist der Spiegel nicht genau (wie es in den Anfangsstadien gewöhnlich der Fall ist), dann wird die geschaffene Gedankenform verzerrt, ungenau, unausgeglichen und verzeichnet sein.

In der Meditation [252] lernt man nun diesen genauen Empfang und
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richtigen Aufbau, und deshalb wird in allen wahren esoterischen Schulen Nachdruck auf konzentriertes Denken, auf geistige Vorstellungskraft, auf das Vermögen, Gedankenformen aufzubauen und auf ein genaues Begreifen der Absicht des Egos gelegt. Darum ist es auch notwendig, daß der Magier die praktische Arbeit an sich selbst als dem Gegenstand magischer Versuche beginnt. Er fängt an, das Bild des geistigen Menschen zu erfassen, wie er seinem eigentlichen Wesen nach ist. Er stellt sich lebhaft die Tugenden und Reaktionen vor, die jener geistige Mensch im Leben auf der physischen Ebene bekunden würde. Er bildet eine Gedankenform von sich selbst als Idealmensch, wahren Diener und vollkommenen Meister. Allmählich ordnet er seine Kräfte, so daß die Kraft und das Vermögen, all das im äußeren Leben wirklich zu sein, so zunimmt, daß es von allen Menschen gesehen werden kann. Er schafft in seinem Denken ein Modell, welches das Urbild so genau als möglich nachbildet und das dazu dient, den niederen Menschen zu formen und die Übereinstimmung mit dem Ideal zu erzwingen. Wenn er seine Methode vervollkommnet, spürt er, daß auf die Energien, die seine niedere Natur bilden, eine umwandelnde, umgestaltende Macht einwirkt, bis alles untergeordnet ist und er in praktischer Manifestation zu dem wird, was er esoterisch und dem innersten Wesen nach ist. In dem Maße, als sich das vollzieht, beginnt er sich für das magische Wirken zu interessieren, an dem teilzunehmen die Bestimmung aller wahren Seelen ist.

Dann kann der dritte Aspekt des Formbildungs-Prozesses sich offenbaren. Das Gehirn ist abgestimmt auf das Denkvermögen, das Denkvermögen auf die Seele, und der Plan wird erahnt. Die Lebenslüfte im Kopf können umgeformt werden und reagieren auf die Kraft des aufbauenden magischen Wirkens. Eine Gedankenform ist dann das Ergebnis der beiden vorhergehenden Handlungen, aber sie steht an Stelle der Gehirntätigkeit und wird zu einem Brennpunkt für die Seele, durch den Energie strömen kann, so daß das magische Werk ausgeführt werden kann.

Dieses magische Werk, das unter der Leitung der Seele stattfin-
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det (die das Denkvermögen inspiriert, das seinerseits das Gehirn beeindruckt), führt dann infolge dieser dreifachen, aufeinander abgestimmten Tätigkeit dazu, daß im Kopf des Magiers ein Konzentrationszentrum, eine Konzentrationsform geschaffen wird. Die Energie, die durch diesen Brennpunkt strömt, wirkt durch drei Verteilerstellen, und darum sind alle drei bei jedem magischen Wirken beteiligt:

  1. Das rechte Auge, durch das die lebendige Energie des Geistes sich ausdrücken kann.
  2. Das Kehlzentrum, durch welches das Wort, der zweite Aspekt oder die Seele, zum Ausdruck kommt.
  3. Die Hände, durch welche die schöpferische Energie des dritten Aspektes wirkt.

„Der weiße Magier“ wirkt mit „offenen Augen, verkündender Stimme und wohltätigen Händen“.

Diese Punkte sind für den erfahrenen Magier von technischem Interesse, für die Aspiranten aber, für welche diese Schriften bestimmt sind, nur von symbolischem Interesse.

Daß die innere geistige Schau uns zuteil werden möge, das Auge klar die Herrlichkeit des Herrn erkenne, die Stimme nur zum Segen spreche und die Hände nur zum Helfen benutzt werden mögen, kann mit Recht das Gebet eines jeden von uns sein.

 

^  9
[315-321]
343-349
Je-
344
der, dem wir begegnen oder mit dem wir in Berührung kommen, jeder Mensch, mit dem wir leben oder täglichen Umgang haben, hat eine Wirkung auf uns, entweder im Guten oder im Bösen. Entweder regt er unsere emotionelle Natur in einem guten und höheren Sinne an und hilft ihr, sich neu zu orientieren, oder er setzt unser Niveau [316] herab, so daß der Fortschritt gehemmt und der Zug hinunter zum Materialismus gefördert wird. Das wissen wir gut und ich brauche mich darüber nicht weiter auszulassen.

7. Die emotionale (astral-empfindende) Ausrüstung, mit der ein Mensch ins Leben tritt, die er benutzt und im Laufe des Lebens formt. Manch ein Mensch ist das Opfer eines Emotionalkörpers, den er selbst so gebildet hat, je nachdem er auf die Energien der oben aufgezählten Kräfte reagiert hat. Der Ätherkörper reagiert auf alle Ausstrahlungen gefühlsmäßiger Art auf dreierlei Weise:

  1. Emotionell. Der Astralkörper läßt sich sehr rasch zu irgendeiner Reaktion auf die Emanationen von Astralkörpern in seiner Umgebung hinreißen; dabei kann es sich um die Astralkörper von Gruppen oder von Einzelwesen handeln. Dieser Satz ist eines sorgfältigen Studiums wert.
  2. Sensitiv. Der feinfühlige Astralkörper registriert stets alle Eindrücke, auch wenn keine emotionelle Reaktion erfolgt, und die Jünger müssen lernen, sorgfältig zwischen beiden zu unterscheiden. Manchmal, wenn die emotionelle Reaktion fehlt, so wie man sie im allgemeinen versteht, wird trotzdem die eigentliche Ursache registriert, die eine Wirkung auf den emotionalen Körper auszuüben suchte.
  3. Einfache Reaktion. Ein Impuls, eine emotionelle Einwirkung wird registriert oder es wird diese Wahrnehmung oder die Reaktion darauf abgelehnt. Dies kann sowohl gut wie schlecht sein.

In allen drei Fällen wird das eine oder andere der Gegensatzpaare gewählt, und die Wahl hängt von der Qualität des astralen Mechanismus des betreffenden Menschen ab. Zu einer vierten Methode ge-
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hört die vollständige Loslösung von dem emotionalen Körper überhaupt und die Fähigkeit, sich willentlich vollständig jedem sinnlichen Eindruck zu verschließen, um mit größerer Wirksamkeit dienen und mit größerer Einsicht lieben zu können. Vergeßt nicht, daß im letzten Grunde Liebe und Emotion nicht dasselbe sind.

Nun erhebt sich die praktische Frage: Wie kann man [317] die falsche Schwingung überwinden?

Erstens: Man muß erkennen, was eine falsche Schwingung ist, und man muß eine Reaktion registrieren können. Eine Schwingung, ein Impuls, eine Gefühlswallung, ein Verlangen entspringen einem niederen Aspekt der Formseite. Sie unterscheiden sich von einer Emanation, die von der Seele herkommt. Die beiden Einwirkungen auf den Gefühlskörper müssen als verschieden erkannt werden. So muß man die Frage stellen: Ist diese Reaktion eine Rückwirkung auf das Leben der Persönlichkeit, oder ist sie eine Resonanz auf das Seelenbewußtsein? Kommt dieser Impuls, der meinen Gefühlskörper zur Tätigkeit anregen möchte von dem göttlichen Leben in mir, oder kommt er von dem Formaspekt in irgendeiner seiner Manifestationen? Läßt dieser Impuls meinen Astralkörper in einer solchen Weise aktiv werden, daß jene, mit denen ich in Verbindung stehe, dadurch verletzt werden, oder wird ihnen geholfen? Werden sie gehemmt oder gefördert?

Ein genaues Studium seiner emotionellen Reaktion bringt den Menschen zu der Betrachtung jenes grundlegenden Kennzeichens, das nicht genug hervorgehoben werden kann angesichts der heutigen Weltlage: der Harmlosigkeit (Enthaltung von Unrecht, Schädigung, Verletzung). Ich sage euch, daß das Erlangen von Harmlosigkeit im positiven (nicht negativen) Sinne bedeutet, daß man jene Stufe erreicht hat, die bestimmt zum Tor der Einweihung führt. Wenn man sie zuerst erwähnt, so scheint sie ziemlich unbedeutend zu sein, und das ganze Thema der Einweihung erscheint dadurch derart herabgesetzt, daß es unwichtig wird. Aber es sollte ein jeder, der so denkt, erst einmal diese Harmlosigkeit in die Praxis umsetzen, die sich auswirkt in rechtem Denken (weil sie auf einsichtsvoller Liebe
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beruht), in rechter Rede, weil sie von Selbstbeherrschung gezügelt wird, und in rechtem Handeln (weil sie auf ein Verstehen des Gesetzes gegründet ist) -, und er wird merken, daß dieser Versuch alle guten Kräfte und Fähigkeiten seines Wesens mobilisiert, und daß man sehr viel Zeit braucht, ehe sich ein Erfolg einstellt. Es ist nicht die „Harmlosigkeit“, die der Schwäche oder einer sentimentalen, liebevollen Veranlagung entspricht, die alles Unangenehme vermeidet, weil es die einmal festgelegte Harmonie des Lebens stört [318] und umwirft und folglich Unbehagen herbeiführt. Es ist nicht die „Harmlosigkeit“ des wenig entwickelten, negativen, unfähigen Menschen, der nicht die Kraft hat zu verletzen, weil seine innere Ausrüstung ein so kleines Format hat, daß damit nur wenig Schaden angerichtet werden kann.

Es ist jene Harmlosigkeit, die aus wahrem Verständnis und der Herrschaft der Seele über die Persönlichkeit herrührt, und die unvermeidlich zu geistiger Wesensäußerung im täglichen Leben führt. Sie entspringt der Fähigkeit, in das Bewußtsein und die Erkenntnis eines Bruders einzutreten, und wenn man das erreicht hat, ist alles vergeben und vergessen in dem Wunsch, ihm beizustehen und zu helfen.

Einer Reaktion auf falsche Schwingungen wird nicht grundsätzlich dadurch vorgebeugt, daß man sich entweder „ein abschirmendes Gehäuse“ erbaut oder sich mit Hilfe der Macht von Mantrams und der bildlichen Vorstellung „isoliert“. Diese beiden Methoden sind zeitweilige Notbehelfe, durch die sich jene zu schützen suchen, die noch etwas zu lernen haben. Die Abschirmung führt zu Absonderung, wie ihr Gut wißt, und schließlich zu der Notwendigkeit, die Gewohnheit der Abschirmung zu überwinden und die schon gebildeten Gehäuse zu zerstören. Das letztere kann leichter erreicht werden als die Überwindung der Gewohnheit. Dieses Wändebauen geht automatisch so lange weiter, bis der Aspirant schließlich so viele Wälle um sich herum gebaut hat, daß er weder herauskommen kann, noch durch einen Kontakt von außen her zu erreichen ist. Der Prozeß der Isolierung, der eine weiter fortgeschrittene Praktik ist und
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mehr magische Kenntnisse erfordert, besteht darin, gewisse Energien des Lebenskörpers in eine bestimmte Richtung auszustrahlen, die dazu dienen, andere Energien durch eine sogenannte Stoßwelle auf Distanz zu halten. Durch diese Stoßwelle werden die herankommenden Energien abgebogen und zurückgeworfen und in eine andere Richtung gesandt. Aber diese Energien müssen irgendwo hingehen, und wenn sie etwa einen anderen Menschen schädigen sollten, ist dann nicht derjenige verantwortlich, der ihre Richtung änderte in dem Wunsch, sich selbst zu schützen?

Die Ausübung der Harmlosigkeit ist für [319] den Aspiranten der beste und leichteste Arbeitsweg. Dann gibt es nichts in ihm, was irgendeinem Leben in irgendeiner Form feindselig gesinnt ist, und er zieht also nur das an, was wohltätig wirkt. Er benutzt die so angezogenen wohltätigen Kräfte, um anderen Wesen zu helfen. Dies muß der erste Schritt sein; die damit verbundene Disziplinierung und die ständige Überwachung aller Handlungen auf den drei Ebenen menschlicher Evolution und aller Reaktionen bringen den Emotionalkörper unter die Herrschaft des erleuchteten Denkvermögens. Dies bring auch das Verständnis für die Mitmenschen mit sich.

Dann gibt es zweitens eine spätere Stufe, auf der der Jünger lernt, die falschen Schwingungen und zerstörenden Energien zu absorbieren und umzuwandeln. Er hat weder Schutzwände noch Schranken. Er sondert sich nicht ab und isoliert sich auch nicht von seinen Brüdern. Er hat gelernt, durch Harmlosigkeit alle bösen Ausstrahlungen zu neutralisieren. Nun wirkt er mit einer neuen Art von Positivität. Entschlossen und im vollen Bewußtsein dessen, was er tut, sammelt er all bösen Ausstrahlungen (zerstörerische Energien und falsche Kräfte), zerlegt sie in ihre Bestandteile und schickt sie neutralisiert, machtlos und harmlos, jedoch im Wesen unverändert, dorthin zurück, von wo sie kamen. Ihr sagt, daß dies eine schwierige Lehre sei und dem durchschnittlichen Aspiranten nur wenig sage? Das ist immer die Methode esoterischer Lehre, aber jene, die wissen, werden verstehen und für sie spreche ich.

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Eine andere Methode noch höheren Grades wird von den Eingeweihten angewandt. Durch eine Kenntnis des Gesetzes und bestimmter Machtworte können sie diesen Energien befehlen, sich umzudrehen und zu ihrem Ausgangspunkt zurückzukehren. Aber mit dieser Methode haben wir nichts zu tun. Es muß noch sehr viel Harmlosigkeit praktisch betätigt und ein scharfes Auge auf ihre Anwendung im täglichen Leben gerichtet werden.

Die rechte Lenkung astraler Energie kann in ihren drei Aspekten aus dem uralten Regelbuch zusammengefaßt werden, das [320] den Chelas der Anfangsgrade gegeben wird. Alle wahren esoterischen Schulen beginnen mit der Beherrschung des Astralkörpers, und der Chela muß diese drei Regeln seinem Gedächtnis einprägen und praktisch anwenden, sobald er einmal in der Bezeigung von Harmlosigkeit wirklich einige Fortschritte gemacht hatte.

Regel I. Tritt ein in deines Bruders Herz und erkenne seine Sorgen und Nöte. Dann sprich. Aus den gesprochenen Worten soll ihm jene starke Kraft zuströmen, derer er bedarf, um sich von seinen Fesseln zu befreien. Doch nicht du sollst sie ihm abstreifen. Deine Aufgabe ist es, verständnisvoll zu ihm zu sprechen. Die Kraft, die er empfängt, wird ihm bei seiner Arbeit helfen.

Regel II. Tritt ein in die Gedankenwelt deines Bruders und lies seine Gedanken, doch nur, wenn deine Gedanken rein sind. Dann denke nach. Laß die so geschaffenen Gedanken in deines Bruders Denken fließen und sich mit diesem vereinen. Doch bleibe neutral und innerlich losgelöst, denn niemand hat das Recht, seines Bruders Denken zu beherrschen. Das einzige Recht, das es hier gibt, wird ihn zu den Worten veranlassen: „Er ist von Liebe erfüllt. Er steht mir bei. Er weiß. Er denkt mit mir und ich bin stark genug, das Rechte zu tun.“ Lerne so zu sprechen, lerne so zu denken.

Regel III. Verbinde dich mit deines Bruders Seele und lerne ihn kennen, so wie er ist. Dies kann nur auf der Ebene der Seele ge-
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schehen. Anderswo nährt eine solche Vereinigung nur sein niederes Leben. Dann richte dein Augenmerk auf den Plan. So wird er erkennen, welche Rolle er, du und alle anderen Menschen darin spielen. So wird er ins Leben eintreten und das vollbrachte Werk kennen.

Eine diesen drei Regeln beigefügte Bemerkung lautet:

„Diese drei Energien – des Sprechens, des Denkens und der Absicht – vom Chela verständnisvoll gehandhabt und mit den erwachenden Kräften seines Bruders, dem er zu helfen sucht, vereint, das sind die drei Energien, mit denen alle Adepten wirken.“

Es ist beinahe unmöglich, diese uralten Formeln in entsprechende Begriffe zu übersetzen; die obige grobe Umschreibung wird jedoch dem Erleuchteten die darin liegende Idee andeuten. Diese Regeln [321] fassen die wenigen Gedanken zusammen, die der Durchschnittsaspirant begreifen muß, um die Energie richtig lenken zu können, und für die er bereit ist.

 

^  10
[327-331]
356-359
Daher gehen wir jetzt durch ein Zwischenstadium des Chaos und des Zweifels, der Empörung und daraus folgender, scheinbarer Zügellosigkeit. Die Methoden der Wissenschaft – Forschung und Analyse, Vergleich und Schlußfolgerung – werden auf religiöse Glaubensdinge angewendet. Die Geschichte der Religionen, die Begründung der Lehren, der Ursprung der Ideen und das Wachstum der Gottesidee werden der Forschung und dem Studium unterworfen. Dies führt zu vielen Streitereien und es werden die alten, festgefahrenen Ideen über Gott, die Seele, den Menschen und sein Schicksal verworfen. Es hat immer Geistesrichtungen mit verschiedenen Ideen und Methoden gegeben, und die sechs Schulen der indischen Philosophie haben praktisch alle grundlegenden Vermutungen des Menschen über Warum und Weshalb der sichtbaren Schöpfung umfaßt. Vom Westen ist den Lehrern dieser sechs theoretischen Schulen wenig Neues hinzugefügt worden, obgleich das westliche Denken mit seiner großen Begabung für wissenschaftliche und technische Methoden die Ideen ausgearbeitet und die sechs Theorien in eine Vielfalt kleinerer Lehrsätze zergliedert hat. Aus dem Gemisch von Ideen, Theorien, Spekulationen, Religionen, Kirchen, Kulturen, Sekten und Organisationen treten zwei Hauptrichtungen hervor: die eine ist schließlich zum Aussterben verurteilt, die andere soll erstarken und wachsen, bis sie ihrerseits jene (für uns) endgültige [328] Formulierung der Wahrheit ins Leben rufen wird, die für das nächste Zeitalter genügt und den Menschen auf eine hohe Zinne des Tempels und auf den Berg der Einweihung führen wird. Diese zwei Richtungen sind:

1. Jene, die rückwärts auf die Vergangenheit schauen, den alten Methoden, den veralteten Theologien und den reaktionären Ablehnungsmethoden zur Auffindung der Wahrheit anhängen. Es sind die Leute, die eine Autorität anerkennen, sei es nun eines Propheten, einer Bibel oder einer Theologie. Es sind jene, die den Ge-
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horsam gegenüber einer von außen auferlegten Autorität dem selbst-auferlegten Geführtwerden durch die erleuchtete Seele vorziehen. Es sind die Anhänger einer Kirche und einer Regierung, die sich zwar durch reine Hingabe und Liebe auszeichnen, dabei aber die göttliche Intelligenz, mit der sie begabt sind, nicht erkennen wollen. Ihre Hingabe, ihre Liebe zu Gott, ihr strenges, aber irregeleitetes Gewissen, ihre Intoleranz kennzeichnen sie als gläubige Gefolgsleute, aber sie sind geblendet durch ihre eigene Hingabe, und ihr geistiges Wachstum wird durch ihren Fanatismus beeinträchtigt. Sie gehören meistens der älteren Generation an und für sie liegt die Hoffnung in ihrer Hingabe und in der Tatsache, daß die Evolution selbst sie weiter in die zweite Gruppe führen wird.

Die erste Gruppe ist mit der Kristallisierungsarbeit betraut, die zur vollständigen Zerstörung der alten Formen führen wird; es ist ihr die Aufgabe gestellt, die alten Wahrheiten genau zu umgrenzen, so daß das Denken der Menschen geklärt wird und die unwesentlichen und die wesentlichen Dinge erkannt werden als das, was sie sind; der Formulierung von Dogmen werden grundlegende Ideen derart gegenübergestellt, daß man das Grundsätzliche erkennen und darum die zweitrangigen, unwichtigen Anschauungen zurückweisen wird; denn nur das Grundsätzliche, Ursächliche wird dem kommenden Zeitalter von Wert sein.

2. Die zweite Gruppe ist bis jetzt noch eine sehr kleine Minderheit, die aber ständig wächst. Es ist jene innere Gruppe der Gott liebenden Menschen, der intellektuellen Mystiker, derer, die die Wirklichkeit kennen, die zu keiner Religion oder Organisation gehören, sich aber als Mitglieder der Universalkirche und als „Zueinander gehörige Glieder“ betrachten. Sie finden sich aus allen Völkern, Massen und Menschentypen zusammen; es ist unter ihnen [329] jede Farbschattierung und Geistesrichtung vertreten, und doch sprechen sie dieselbe Sprache, lernen dieselben Symbole, gehen denselben Pfad, lehnen dieselben Unwichtigkeiten ab und haben dieselbe Substanz wesentlicher Glaubensideen herausgeschält. Sie erkennen einander; sie verehren die geistigen Führer aller Rassen in gleichem
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Maße und benutzen mit gleicher Freiheit die Bibel der anderen. Sie bilden den subjektiven Hintergrund der neuen Welt; sie stellen den geistigen Kern der kommenden Weltreligion dar; sie sind das vereinende Prinzip, das schließlich die Welt erlösen wird.

In der Vergangenheit hatten wir Welterlöser - Gottessöhne, die eine Weltbotschaft verkündeten und den Menschen ein immer helleres Licht brachten. Jetzt, da die Zeit erfüllt ist, ersteht durch das Wirken der Evolution eine Gruppe, die vielleicht der Welt die Erlösung bringen wird; sie verkörpert die Gruppenidee und zeigt die Gruppenbeschaffenheit auf, offenbart in geringem Maße die wahre Bedeutung des Christuskörpers und gibt der Welt ein Bild vom wahren Wesen eines geistigen Organismus; sie wird die Gedanken und Seelen der Menschen so kraftvoll stärken und beleben, daß das Neue Zeitalter durch ein Ausgießen der Liebe, des Wissens und der Harmonie Gottes Selbst eingeleitet wird.

In der Vergangenheit sind Religionen von einer großen Seele, einem Avatar, einer hervorragenden geistigen Persönlichkeit begründet worden; der Stempel ihres Lebens, ihrer Worte und Lehren wurde der Menschheit aufgedrückt und blieb viele Jahrhunderte lang erhalten. Welche Wirkung wird die Botschaft eines Gruppenavatars haben? Welche Wirkungskraft wird die Arbeit einer Gruppe von Gott-Erkennern haben, welche die Wahrheit verkünden und subjektiv mit dem großen Werk der Welterlösung verbunden sind? Welche Wirkung wird die Sendung einer Gruppe von Welterlösern haben, die zwar nicht als Christusse kommen, aber alle Gott bis zu einem gewissen Grad kennen und einander in ihren [330] Bemühungen ergänzen, in ihren Botschaften bestärken und einen Organismus bilden, durch den die geistige Energie und das Prinzip geistigen Lebens sich in der Welt bemerkbar machen könnte? Eine solche Körperschaft besteht jetzt in jedem Lande. Es sind verhältnismäßig wenige und ganz vereinzelte Menschen, aber ihre Zahl wächst ständig, und man wird ihre Botschaft immer mehr zur Erkenntnis nehmen. Ihnen ist ein Geist des Aufbaus verliehen; sie sind die Baumeister des Neuen Zeitalters; ihnen ist die Aufgabe gestellt,
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den Geist der Wahrheit zu erhalten und die Gedanken der Menschen neu auszurichten, damit das Menschheitsdenken beherrscht und in jenen meditativen, nachdenklichen Zustand gebracht wird, der es ermöglicht, die nächste Entfaltung der Göttlichkeit zu erkennen.

Mit diesen beiden Gruppen, den reaktionären Anhängern einer Doktrin und der subjektiven Gruppe der Mystiker, ist die Mehrzahl der neuen Generation junger Menschen verknüpft, deren Ideen weitgehend dadurch verwirrt sind, daß sie beide Gruppen erkennen. Diese Mehrzahl gehört nicht der Vergangenheit an und lehnt es ab, die Autorität der Vergangenheit anzuerkennen. Sie gehört auch nicht zu der inneren Gruppe der Wissenden, welche an der Aufgabe arbeiten, die Gedanken der Menschen in die rechten Bahnen zu lenken, denn sie hat die Stufe des Wissens noch nicht erreicht. Diese jungen Menschen erkennen nur zwei Dinge: ihr Bedürfnis nach Freiheit und ein intensives Verlangen nach Wissen. Sie verachten die Tradition der Vergangenheit, sie lehnen die alten Formen der Wahrheit ab, und da sie noch nicht auf festem Grund stehen, sondern bisher nur Suchende und Fragende sind, erleben wir diesen gegenwärtigen Zustand des Weltenaufruhrs, der scheinbaren Zügellosigkeit und Spaltung. Es sollte nicht vergessen werden, dass dieser Weltzustand also die Folge davon ist, daß die drei Kräftearten, die in der heutigen Welt vorherrschen, aufeinanderprallen. Diese Kräfte sind:

  1. Jene, die von den Anhängern der alten Traditionen ausgehen, welche die Formen und die Vergangenheit betonen und die Zerstörung dieser Formen herbeiführen.
  2. Jene, die von der inneren Gruppe der Mystiker ausgehen, welche unter der Leitung der planetarischen Hierarchie die neue Form aufbaut.
  3. Jene, die von den Massen ausgehen, welche zu keiner der beiden Gruppen gehören, und welche bis jetzt Kraft noch blindlings [331] und oft unvernünftig handhaben; sie werden erst dann besser damit umgehen können, wenn sie jene aufbauenden Kanäle erkennen, in welche die Kraft verständig hineingeleitet werden kann.

 

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[400-401]
433-434
Sie werden aus allen Völkern zusammengesucht, aber sie werden nicht durch die beobachtende Hierarchie oder irgendeinen Meister erfasst und erwählt, sondern durch die Kraft ihrer Reaktion gegenüber geistigen Gelegenheiten, Strömungen und Beobachtungen. Sie gehen hervor aus jeder Gruppe, jeder Kirche und Partei, und werden deshalb wahrhafte Repräsentanten sein. Sie lassen sich nicht von ihrem Ehrgeiz und ihren hochfliegenden Plänen antreiben, sondern dienen in äußerster Selbstlosigkeit. Sie finden ihren Weg bis zur höchsten Stufe auf jedem Gebiet menschlichen Wissens, nicht weil sie um ihre eigenen Ideen, Entdeckungen und Theorien Lärm schlagen, sondern weil sie einen so umfassenden Überblick und eine so weit gespannte Auslegung der Wahrheit haben, daß sie die Hand Gottes in allen Ereignissen, seinen Abdruck in allen Formen erkennen und den Laut seiner Stimme vernehmen, der durch jeden Kanal zwischen der subjektiven Wirklichkeit und der objektiven äußeren Form erklingt. Sie kommen aus allen Rassen, sie sprechen alle Sprachen, sie umfassen alle Religionen, alle Wissenschaften und alle Philosophien. Ihre Merkmale sind Synthese, weltweites Zusammengehörigkeitsgefühl, Verstandeskraft und eine hohe gedankliche Entwicklungsstufe. Sie gehören keinem Glaubensbekenntnis an, ausgenommen dem Glauben an die Bruderschaft, die auf dem Einen Leben beruht. Sie anerkennen keine andere Autorität als die ihrer eigenen Seele und keinen Meister außer der Gruppe, der sie zu dienen suchen; sie anerkennen nur die Menschheit, die sie innig lieben. Sie errichten keine Schranken um sich, sondern lassen
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sich leiten von einer weitherzigen Toleranz, einer gesunden Denkungsart und einem praktischen Sinn für Wert- und Größenverhältnisse. Sie schauen mit offenen Augen auf die Welt der Menschen und erkennen jene, die sie emporheben und für welche sie dieselbe Stellung einnehmen können wie die Großen - erhebend, belehrend und helfend. Sie erkennen die Ebenbürtigen und ihresgleichen, sie kennen einander, wenn sie sich begegnen und Schulter an Schulter mit ihren Gefährten an der Errettung der Menschheit arbeiten. Es ist gleichgültig, ob ihre Ausdrucksweise voneinander abweicht, ob [401] ihre Auslegung der Symbole und Schriften verschieden ist, ob sie wenig oder viele Worte machen. Sie finden ihre Gruppenmitglieder auf allen Gebieten - dem politischen, wissenschaftlichen, religiösen und wirtschaftlichen - und geben ihnen das Erkennungszeichen und die Bruderhand. Sie anerkennen gleichfalls jene, die ihnen auf der Evolutionsleiter vorausgegangen sind, grüßen sie als Lehrer und suchen von ihnen das zu lernen, was jene so gerne weitergeben möchten.

 

^  12
[413-415]
447-449
Die Mitglieder befinden sich alle in physischen Körpern, müssen aber gänzlich subjektiv wirken, also den inneren Empfindungsapparat und die Intuition verwenden. Die Gruppe besteht aus Männern und Frauen aller Nationen und jeder Altersstufe, aber jeder einzelne muß geistig orientiert sein, alle müssen bewußte Diener, mental polarisiert und wachsam sein, und alle müssen ein weltweites Zusammengehörigkeitsgefühl besitzen.

Eine der wesentlichen Bedingungen, die den Mitgliedern der Gruppe auferlegt wird, ist die, daß sie bereit sein müssen, ohne Anerkennung auf den subjektiven Ebenen zu arbeiten. Sie müssen hinter [414] den Kulissen wirken, wie es die Großen tun. Ihre Mitglieder müssen deshalb frei sein von jedem Makel des Ehrgeizes, von allem Stolz auf ihre Rasse oder ihre Erfolge. Sie müssen sich auch feinfühlend ihrer Mitmenschen, deren Gedanken und der sie bestimmenden Umwelt bewußt sein.

Es ist eine Gruppe, die keine exoterische Organisation irgend-
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welcher Art, kein Hauptbüro, keine öffentliche Beachtung und keinen Gruppennamen hat. Es ist eine Schar gehorsam arbeitender und dem WORT dienender Menschen - gehorsam ihren eigenen Seelen und den Gruppenerfordernissen nachkommend. Alle wahren Diener in der Welt gehören daher zu dieser Gruppe, ob ihr Dienst nun auf kulturellem, politischem, wissenschaftlichem, religiösem, philosophischem, psychologischem oder finanziellem Gebiet liegt. Sie bilden einen Teil der inneren Gruppe der Menschheitsdiener und der Weltmystiker, ob sie es nun wissen oder nicht. Sie werden als solche von ihren Mitbrüdern in der Gruppe erkannt, wenn sie zufällig im weltlichen Verkehr miteinander in Kontakt kommen.

Diese Gruppe mißt dem Wort „geistig“ eine weitgreifende Bedeutung zu; sie glaubt, daß damit ein weltweites Bemühen gemeint ist, um die Lage der Menschheit zu verbessern, sie emporzuheben und das gegenseitige Verstehen zu fördern; dazu gehören auch die Begriffe der Toleranz, der internationalen, synthetischen Gemeinschaft, der religiösen, inklusiven Denkweise und all der Gedankenrichtungen, die mit der esoterischen Entwicklung des Menschenwesens zu tun haben.

Es ist also eine Gruppe ohne eine spezielle Ausdrucksweise oder Bibel irgendwelcher Art; sie hat weder ein Glaubensbekenntnis noch irgendwelche dogmatische Wahrheitssätze. Der bewegende Impuls für all und jedes ist die Liebe zu Gott, die sich in der Liebe zum Mitmenschen äußert. Diese Menschen kennen die wahre Bedeutung der Bruderschaft, ohne Rassenunterschiede zu machen. Ihr Leben ist ein Leben bereitwilligen Dienstes, der mit äußerster Selbstlosigkeit und rückhaltlos geleistet wird.

Die Mitglieder dieser Gruppe sind nur den Älteren Brüdern der Menschheit bekannt; und es gibt auch kein Namensverzeichnis; nur drei Hauptsachen sind erforderlich:

1. Es ist wesentlich, daß die Seele und ihr Instrument bis zu einem gewissen Grad eins [415] sind und daß jene innere Dreiheit von Seele, Denkvermögen und Gehirn, die sich für gewöhnlich bei den
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meisten Menschen noch im Schlafzustand befindet, in Einklang gebracht und tätig ist.

2. Das Gehirn muss nach Belieben in zwei Richtungen telepathisch empfindungsfähig sein. Es muss sich der Seelenwelt und auch der Welt der Menschen bewußt sein.

3. Es muss außerdem eine Fähigkeit zu abstraktem oder synthetischem Denken bestehen. Diese ermöglicht dem Menschen den Sprung über rassische oder religiöse Schranken. Wenn sie vorhanden ist, dann gibt es auch einen sicheren Glauben an die Fortdauer des Lebens und dessen Wechselbeziehung zu dem Leben nach dem Tod.

 

^  13
[418-418]
452-452
Beobachtet sie bei ihrer Arbeit! Achtet darauf, welchen Wert sie auf Persönlichkeiten legen! Wenn persönlicher Ehrgeiz ihre Handlungen zu leiten scheint, wenn ihre Einstellung dem Entschluß entspringt, in der Gruppe der Mystiker zu arbeiten, weil das etwas Neues ist, weil es ihnen ein gewisses Ansehen gibt, weil es ihre Einbildungskraft erregt oder ihnen freie Bahn gibt, Menschen um sich zu sammeln - dann geht nicht weiter mit, sondern bewahrt Stillschweigen und überlaßt es der Zeit und dem Gesetz, ihre Einstellung zu korrigieren.

 

^  14
[447-449]
481-484

REGEL XI

Analyse der drei Sätze.

Wie ihr [447] wißt, ist diese Regel die letzte von denen, die maßgebend sind für die Arbeit auf der Astralebene und für die magische Aufgabe, jene Gedankenformen in Bewegung zu setzen, die irgendeine Energieart zum Ausdruck bringen sollen. Wir haben die verschiedenen Energien erörtert, mit denen die Menschen wirken, und die Macht, die einem Menschen durch den Aufbau von Gedankenformen in die Hände gelegt ist. Wir haben auch gesehen, in welcher Weise ein Mensch die verschiedenen Grade der Materie handhaben kann, bis sich die verkörperte Idee mit Mental- und Astralstoff umkleidet hat. Sie ist also eine lebendige Wesenheit, die dabei ist, auf der physischen Ebene materielle Gestalt anzunehmen. Man sollte beachten, daß jetzt nichts mehr ihr Hervortreten in die objektive Erscheinung aufhalten kann, außer ein ausdrücklicher Willensakt ihres Schöpfers; denn da die Form von diesem Schöpfer belebt wurde, ist sie immer seinem Willen untertan, bis er durch das Aussprechen des „mystischen Satzes“ die Verbindung mit ihr gelöst hat. Wir wollen annehmen, daß sie nach dem Entschluß ihres Schöpfers tatsächlich hervortreten soll, und daß das Schöpferwerk weitergeht.

Es sei hier bemerkt, daß dieses Werk entweder bewußt oder unbewußt vor sich geht. Bei dem unbewußten Aufbau von Gedankenformen - wie es beim Durchschnittsmenschen der Fall ist - kommt es vielfach überhaupt nicht zu der gewünschten Wirkung auf der physischen Ebene, und so verfehlen derartige Formen das für sie vorgesehene Ziel. Solange jedoch der Mensch von Selbstsucht und
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Haß beseelt ist, gereicht das nur zum Heil. Zum Glück für die Menschheit arbeiten erst wenige Menschen im Mentalstoff. Die meisten von ihnen wirken mit Astral- oder Begierdenstoff, und diese Formen sind beweglich und veränderlich und haben nur durch die Gabe der Beharrlichkeit eine gewisse Macht. Es gibt eine okkulte Grundlage für die Behauptung, daß, wenn jemand sich eine [448] Sache nur lange genug wünscht, er sie auch erhalten wird. So lautet das Gesetz, das die Rückkehr des Durchschnittsmenschen in die Inkarnation bestimmt. Da diesen Begierdenformen die Zielstrebigkeit des Stoffes der Mentalebene fehlt, der ja durch ein konzentriertes Denken beeinflußt wird, können sie nicht den Schaden anstiften, den sie sonst anrichten könnten. Ihre Wirkungen werden in der Hauptsache von dem Schöpfer dieser kama-manasischen Formen empfunden, und nicht von den Gefährten in der Umgebung. In dem Augenblick, da der Denkfaktor hinzutritt und die Herrschaft übernimmt, in diesem Moment wird ein Mensch gefährlich oder nützlich, je nachdem der Fall liegen mag, - gefährlich nicht nur für sich selbst, sondern auch für seine Umgebung oder aber nützlich bei der Ausführung des Evolutionsplanes. Er kann dann Gedankenformen erschaffen, die in der Lage sind, äußere, sichtbare Ergebnisse und greifbare Wirkungen zu erzielen. Mit höherem Streben und geistigen Impulsen jedoch kann ein Mensch zu einem wahren Okkultisten werden und harmonische Ergebnisse und wirksame Organismen auf der physischen Ebene hervorbringen. Ich verwende das Wort „Organismen“ mit Vorbedacht, denn es hilft den Gedanken zu vermitteln, daß jede Gedankenform von uns als eine subjektive, tatsächlich vorhandene Wesenheit betrachtet wird, die in feinen Stoff gekleidet und imstande ist, sichtbare Gestalt anzunehmen. Dies wird allgemeinverständlich manchmal die „Ausarbeitung einer Idee“ genannt, oder die „Ausführung eines Planes“; zu anderen Zeiten wird es als eine „Entdeckung“ oder „Erfindung“ oder etwas derartiges bezeichnet. Immerwährend spricht der Mensch - ohne es sich klar zu machen -, in okkulten Begriffen und beweist damit eine innere Wertschätzung und Wahrnehmung der Me-
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thoden, durch die alles, was von Gott oder dem Menschen je gedacht worden ist, ins Dasein tritt.

Die verkörperte Idee oder der Gedanke (wobei die erstere anlagenmäßig viel stärker ist als letzterer) hat sich den Weg bis an die Schwelle physischer Manifestation gebahnt. Ihr Schöpfer, der - im Fall eines weißen Magiers - kein gefühlsverhafteter Mensch ist, bringt sie bewußt bis zu dem Stadium, da ihr innerer Zweck und [449] Plan aufgezeigt werden kann. Er hält die Gedankenform in seinem Bewußtsein und gibt ihr Gestalt und Energie durch die Macht seiner eigenen, zielbewußten gedanklichen Konzentration.

Uns wird in der Regel, die wir jetzt erörtern, gesagt, daß der Aspirant dreierlei zu tun hat:

  1. Er muss die Formel ermitteln, welche die von ihm geschaffene Form kristallisieren läßt, und zwar fast in der gleichen Weise, wie Architekten und Brückenbauer die gewünschte Form auf eine mathematische Formel zurückführen.
  2. Er muß bestimmte Worte aussprechen, die der Form Lebenskraft geben und sie so auf die physische Ebene hinausbringen.
  3. Er muß den Satz aussprechen, der die Gedankenform aus seiner Aura entbindet und so den Abfluß seiner Energien verhindert.

Man wird bemerken, daß die Formel mit der Gedankenform zu tun hat, die Machtworte mit dem Ziel, für das die Gedankenform aufgebaut wurde, und der mystische Spruch mit der Zerreißung des magnetischen Bandes, das den Schöpfer mit seiner Schöpfung verknüpft. Das eine betrifft also die Form, das andere die in der Form verkörperte Seele (deren niederstes Merkmal die Begierde ist, die Widerspiegelung der Liebe), und das letzte den Lebensaspekt, mit welchem der Schöpfer die Schöpfung ausgestattet hat. Wir stehen infolgedessen wieder vor der ewigen Dreiheit von Geist, Seele und Körper. Man sollte sich daran erinnern, daß die Regeln zur Magie, so wie sie von dem wahren Esoteriker verstanden werden, ebenso für ein erschaffenes Universum, ein Sonnensystem oder
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einen Planeten gelten, wie auch für die winzigen Gedankenschöpfungen eines Chelas oder Aspiranten.

 

^  15
[453-456]
485-487
Alle Formen in der Natur bestehen, wie wir wohl wissen, aus Myriaden von winzigen Lebewesen, die ein gewisses Maß [454] an Gewahrsein, Rhythmus und Zusammenhalt haben, entsprechend der Kraft des Gesetzes der Anziehung, die sich der Erbauer der Form zunutze gemacht hat. Dies gilt sowohl für den Makrokosmos als auch für die unendliche Welt der mikrokosmischen Lebewesen, die in dem größeren Ganzen enthalten sind. Keimhafte Sonnensysteme, die unter dem Impuls des göttlichen Gedankens ins Dasein treten, sind zuerst leichtbeweglich, nebelhaft und wechselnd im Umriß, und werden durch den zentralen Energiekern lose zusammengehalten; - das ist eine andere Art und Weise, um die darin liegende Idee auszudrücken. Im Lauf der Zeit gehen sie in andere Zustände über, nehmen bestimmtere Formen an, treten in spezielle Verbindungen mit verwandten und benachbarten Formen und stellen sich auf mannigfache innere Beziehungen zu diesen ein, was in dem früheren Stadium nicht möglich war. Schließlich erleben wir dann ein Sonnensystem, wie etwa das unsere, und Myriaden anderer - ein Sonnensystem, das sich uns darstellt als eine Sonne mit den sie umkreisenden und sich drehenden Planeten, die sich auf ihren verschiedenen Bahnen und in ihren festgesetzten Positionen und Relationen halten, die als unabhängige und in gegenseitiger Abhängigkeit stehende Organismen wirken und doch für das Auge des Astronomen einen Zusammenhang, eine Einheit und ein Gefüge darstellen, das
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in jedem Fall einzigartig ist und sich doch nach dem kosmischen Gesetz verhält und betätigt. Es entspricht irgendeiner ungeheuren Absicht, die vom Universalen Denken erfaßt und stetig festgehalten wird, das seinerseits ein Aspekt jener gruppenbewußten und eigenbewußten Wesenheit ist, die der Urheber seines Daseins und der Schöpfer seiner Form ist.

Man könnte behaupten, daß dieses eine intelligente, große Leben in seiner Meditation und also auch in seinem widerspiegelnden Denkvermögen das erschafft, was wir eine Gedankenform nennen. Diese Gedankenform hat vier Hauptmerkmale:

  1. Sie wird durch die bewußte Anwendung des Gesetzes der Anziehung ins Dasein gerufen. [455]
  2. Sie ist aus einer unendlichen Anzahl lebendiger Wesenheiten gebildet, die von dem Denken des göttlichen Schöpfers angezogen werden und so miteinander in Beziehung treten.
  3. Die Form ist das äußere Erscheinungsbild von dem, was ihr Schöpfer:
    1. im Geiste erschaut hat;
    2. einsichtsvoll gebildet und „gefärbt“ oder „qualifiziert“ hat, damit es dem Zweck diene, zu dem es bestimmt war;
    3. durch die Wirkungskraft seines Verlangens und die Stärke seiner lebendigen Gedanken belebt hat;
    4. in einer Gestalt erhalten hat, so lange es notwendig ist, damit es seine spezielle Aufgabe vollziehe;
    5. mit sich durch einen magnetischen Faden verbunden hat, - den Faden seiner lebendigen Absicht und der Stärke seines beherrschenden Willens.
  1. Diese innere Absicht, die sich in mentale, astrale und lebendige Substanz gekleidet hat, ist auf der physischen Ebene gerade so lange kraftvoll, als:
    1. sie bewußt im Denken ihres Schöpfers bleibt;
    2. sie okkult von ihrem Schöpfer „Abstand hält“. Viele Gedankenformen bleiben wertlos, da sie ihrem Schöpfer „zu nahe“ stehen;
    3. 487
    4. sie in jede gewünschte Richtung gelenkt werden und nach dem Gesetz des geringsten Widerstandes ihren eigenen Platz finden kann, so daß sie also die gewünschte Aufgabe erfüllt und die Absicht ausführt, für die sie erschaffen wurde.

Die „Formel“ könnte deshalb als die von dem göttlichen Denker ausgehende Idee angesehen werden; man könnte sie als die dynamische Absicht bezeichnen, als das „Ding“, so wie der Denker es sieht, ihm in seinem Denken Gestalt verleiht und es als den Träger seiner Absicht erschaut. Die mathematischen Berechnungen, die der Konstruktion einer Brücke oder jeder anderen großen Bogenspannung zugrunde liegen, Zeichen menschlicher Leistung, sagen dem [456] Uneingeweihten nichts; aber für diejenigen, die es wissen und verstehen, sind sie die Brücke selbst, auf ihre wesentlichen Begriffe zurückgeführt. Sie sind im Verborgenen schon die Brücke, und in diesen mathematischen Formeln liegt die Absicht, die Qualität und Form des vollendeten Baues und dessen schließliche Brauchbarkeit beschlossen. So ist es auch mit den Vorstellungen und Ideen, die eine Gedankenform ins Leben rufen. Diese okkulten Formeln existieren auf der Ebene der Urbilder, die (für den Aspiranten) die Ebene der Intuition ist, obgleich es sich um eine viel höhere Bewußtseinsstufe handelt. Diese Formeln liegen einer Welt von Formen zugrunde und müssen von denjenigen aufgespürt und aufgegriffen werden, die entsprechend ausgerüstet sind, um unter den Großen Architekten des Universums zu arbeiten. Es gibt - symbolisch gesprochen - drei große Formelbücher. Beachtet die Worte „symbolisch gesprochen“ und vergesst sie nicht. Da gibt es erstens das Buch des Lebens, das von den Eingeweihten aller Grade gelesen und schließlich gemeistert wird. Ferner gibt es das Buch der Göttlichen Weisheit, manchmal das Buch der Wissenden Erfahrung genannt, das von den Aspiranten aller Grade gelesen wird; - und schließlich gibt es das Buch der Formen, das alle zwangsweise lesen müssen, deren Intelligenz zu wirksamer Tätigkeit erwacht ist.

 

^  16
[472-475]
504-507
Die Notwendigkeit klaren Denkens und der Ausschaltung müßiger, zerstörerischer und negativer Gedanken tritt immer klarer hervor in dem Maße, in dem der Aspirant auf seinem Wege fortschreitet. Wenn die Macht des Denkens zunimmt und der Mensch seine Gedanken immer mehr aus dem Massendenken herauslöst, gestaltet er unvermeidlich Gedankensubstanz zu Formen. Das geschieht zuerst automatisch und unbewußt. Er kann gar nicht anders, und zum Glück für die Menschheit sind die gebildeten Formen so schwach, daß sie weitgehend unschädlich sind, oder sie stehen mit dem Massendenken so im Einklang, daß ihre Wirkung unbedeutend ist. Aber wenn der Mensch sich entwickelt, nimmt seine Macht und seine Fähigkeit zu schaden oder zu helfen zu; wenn er nun nicht lernt, in der rechten Weise aufzubauen und das, was er geschaffen hat, mit richtigen Motiven zu lenken, dann wird er ein Zerstörer und ein Zentrum schädigender Kraft - die nicht nur ihm selbst schadet und ihn vernichtet, wie wir bald sehen werden, sondern die ebenso verderblich und schädigend auf jene wirkt, deren Schwingung auf ihn abgestimmt ist.

Wenn dies wirklich so ist, dann könntet ihr berechtigterweise fragen: Gibt es einige einfache Regeln, die der ernste und gewissenhafte Anfänger bei dieser Wissenschaft des Aufbauens anwenden könnte, und die so klar und präzis sind, daß sie die nötige Wirkung erzielen? Es gibt solche Regeln, und ich will sie ganz einfach darstellen, so daß der Anfänger bei deren Befolgung der Gefahr schwarzer Magie entgeht und im Einklang mit dem Plan aufbauen lernt. Er wird, wenn er die von mir gegebenen Regeln befolgt, das verwickelte Problem vermeiden, das er selbst blindlings geschaffen hat und das in der Tat das Tageslicht ausschließen, seine Welt verdunkeln und ihn hinter einer Mauer von Formen gefangen halten würde, die für ihn dann seine eigene, besondere, große Illusion verkörpern.

Diese Regeln mögen dem geschulten Aspiranten zu einfach klingen, aber für diejenigen, die bereit sind, wie kleine Kinder [473] zu werden, können sie sich als ein sicherer Führer zur Wahrheit erweisen
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und sie schließlich instand setzen, die Prüfungen zur Adeptschaft zu bestehen. Einige sind in symbolische Ausdrücke gekleidet, andere sind notwendigerweise Verhüllungen, und wieder andere drücken die Wahrheit so aus, wie sie ist.

  1. Prüfe die Welt der Gedanken und scheide das Falsche vom Wahren.
  2. Lerne die Bedeutung der Illusion kennen und suche in ihrer Mitte nach dem goldenen Faden der Wahrheit.
  3. Beherrsche den Empfindungskörper, denn die Wogen, die sich auf der stürmischen See des Lebens erheben, verschlingen den Schwimmer, schließen die Sonne aus und machen alle Pläne zunichte.
  4. Entdecke, dass du ein Denkvermögen hast, und lerne seine zweifache Anwendung kennen.
  5. Konzentriere das Denkprinzip und sei der Herr und Meister deiner Gedankenwelt.
  6. Lerne, daß der Denker und seine Gedanken und das, was das Werkzeug des Denkens ist, ihrer Art nach verschieden sind, doch eins in ihrer letzten Realität.
  7. Handle als der Denker und lerne, daß es nicht recht ist, deine Gedanken zum niedrigen Nutzen trennender Begierde herabzuwürdigen.
  8. Die Energie des Denkens ist zum Wohle aller und zur Förderung von Gottes Plan bestimmt. Verwende sie darum nicht für deine egoistischen Zwecke.
  9. Bevor eine Gedankenform von dir gebaut wird, erschaue ihren Zweck, stelle ihr Ziel fest und prüfe sie auf ihr Motiv.
  10. Für dich, den Aspiranten auf dem Wege des Lebens, ist der Weg bewußten Bauens noch nicht das Ziel. Zuvor musst du dich bemühen, die Gedankenatmosphäre zu reinigen und die Tore des Denkens vor Hass und Leiden, Furcht und Eifersucht und niederem Verlangen fest zu verschließen; dann erst kann die bewußte Aufbauarbeit folgen. Achte auf deine Aura, o Wanderer auf dem Pfade!
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  12. Bewache genau die Tore der Gedanken! Stelle eine Schildwache [474] vor deine Wünsche! Vertreibe alle Furcht, allen Haß, alle Gier! Sieh dich vor und schaue nach oben!
  13. Da dein Leben zumeist auf der Ebene des äußeren materiellen Lebens verhaftet ist, zeigen deine Worte und deine Sprache deine Gedanken auf. Darum schenke ihnen genaueste Aufmerksamkeit.
  14. Das Sprechen ist von dreifacher Art. Alle unnützen Worte haben eine Wirkung. Sind sie gut und freundlich, braucht nichts zu geschehen. Sind sie von anderer Art, wird es nicht lange dauern, bis man den Preis bezahlen muß.
    Die selbstsüchtigen Worte, die mit fester Absicht ausgesandt werden, bauen eine trennende Mauer auf. Es braucht dann lange Zeit, um diese Mauer niederzureißen und so die aufgestaute egoistische Absicht zu befreien. Achte auf deine Beweggründe und trachte nur solche Worte zu benutzen, die dein kleines Leben mit der großen Absicht des Willens Gottes verschmelzen.
    Worte des Hasses, die grausame Rede, welche jene zugrunde richtet, die deren teuflische Wirkung spüren, das vergiftende Geschwätz, das aus Sensationslust weiterverbreitet wird, - alle diese Worte ertöten die aufflammenden Impulse der Seele, schneiden die Wurzeln des Lebens ab und bringen so den Tod. Werden sie im Licht des Tages gesprochen, so bringen sie gerechte Vergeltung; wenn sie gesprochen und dann als Lügen erkannt werden, stärken sie jene Welt der Illusionen, in welcher der Sprecher lebt, und halten ihn von der Befreiung zurück.
    Werden sie ausgesprochen mit der Absicht zu verletzen, zu zermalmen und zu töten, dann kehren sie zu dem zurück, der sie ausgesandt hat, und zermalmen und töten ihn selbst.
  15. Die müßigen Gedanken, die egoistischen Gedanken, die grausamen, haßerfüllten Gedanken schaffen, wenn man sie in Worte kleidet, ein Gefängnis, vergiften alle Quellen des Le-
    507
    bens, führen zu Krankheit, verursachen Unglück und Verzögerung. Sei deshalb liebevoll, freundlich und gut, soweit es an dir liegt. Bewahre Schweigen, und das Licht wird eindringen.
  16. Sprich nicht von Dir! Bejammere nicht dein Schicksal! Die Gedanken an dich selbst und an dein niederes Schicksal lassen [475] die innere Stimme deiner eigenen Seele nicht an dein Ohr dringen. Sprich von der Seele; gehe auf den Plan ein; vergiß dich selbst im Aufbau für die Welt! So wird das Gesetz der Form aufgehoben. So kann die Herrschaft der Liebe in diese Welt hineinkommen.

Diese einfachen Regeln werden die rechten Grundlagen für die Förderung des magischen Werkes schaffen und den Mentalkörper so rein und stark machen, daß rechte Motive euch leiten werden und wahrhafte Aufbauarbeit möglich wird.

Ein Großteil dessen, was in dieser Regel bedeutungsvoll ist, muß Theorie bleiben und so lange als eine Aufforderung angesehen werden, bis einmal die wirkliche magische Arbeit des Gedankenformbauens universell möglich wird. Die Formel wird, wie wir gesehen haben, noch für lange Zeiten allen unbekannt bleiben, außer den Mitgliedern der Hierarchie der Adepten. Die richtunggebenden Worte wird man auffinden können; doch werden dazu nur jene imstande sein, die bewußt unter der Leitung ihrer eigenen Seele wirken und durch Gedankenkontrolle in tiefe Meditation eintreten, denn dann können sie mit dem Gedankenstoff umgehen und „wissende Schöpfer“ werden. Diese Menschen können dann - und tun es auch - die Worte sprechen, die den Anstoß geben, daß jene neuen Formen und Organismen, jene Ideenäußerungen und jene Organisationen ins Dasein treten, die ihren eigenen Lebenszyklus haben, ihren Zweck erfüllen und so zur rechten Zeit ihr vorbestimmtes Ende finden. Diese Schöpfer sind die Leiter und Organisatoren, die Lehrer und Führer in allen Bereichen menschlichen Lebens. Ihre Worte gehen in alle Lande hinaus, und ihr Ansehen wird international anerkannt.

 

^  17
[551-552]
587-589
Gibt es irgendeine Grundformel oder einen Lehrsatz, der die magische Tätigkeit bestimmt und beherrscht?

Diese Frage ist natürlich zu allgemein und unbestimmt, aber solange nicht die Einbeziehungsfähigkeit des menschlichen Denkens größer ist als jetzt, werden solche Fragen unweigerlich gestellt. Ich kann jedoch eine kurze Antwort geben, in welcher der Schlüssel zu dem ganzen Vorgang enthalten ist. Wenn man sie in der richtigen Weise versteht, wird sie die Arbeitsmethode und das Gedankenleben des mit der weißen Magie Wirkenden bestimmen. Meine Antwort heißt: Innere Wirkungskräfte führen zu einem
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äußeren Niederschlag. In diesen Worten liegt alles. Sie fassen die Geschichte des Schöpfers, die Lebensgeschichte und die Umweltgegebenheiten jedes menschlichen Wesens zusammen. Sie erklären alles, was ist, und sie stehen hinter dem Gesetz der Wiedergeburt. Diese inneren Kräfte werden durch die Macht des Gedankens in Tätigkeit versetzt, und folglich beginnen die Menschheitslehrer mit dem Denkaspekt der Aspiranten, - indem sie diese schulen, Schöpfer zu sein, und sie lehren, ihr eigenes Schicksal zu lenken und zu beherrschen. Sie heben das hervor, was die inneren Wirkungskräfte lenkt und beherrscht; sie beschäftigen sich mit dem, was die objektive Form hervorbringt, was durch die inneren Kräfte qualifiziert und mit Energie geladen wird, und was die Absicht des Denkers erfüllt.

Demnach ist ein Denker der wesentliche Faktor, und es wird euch darum, wenn ihr diese Worte studiert, klar werden, was [552] gerade heute in der Welt vorgeht. Die Tendenz unserer modernen Zivilisation geht trotz aller Irrtümer und Fehler dahin, Denker hervorzubringen. Erziehung, Bücher, Reisen - in ihren vielen verschiedenen Formen -, Veröffentlichungen der Wissenschaft und Philosophie, und der treibende innere Drang, den wir den religiösen nennen, der aber eigentlich der Drang nach Wahrheit und ihrer gedanklichen Bestätigung ist, - alle diese Faktoren haben ein Ziel, und dieses ist, Denker hervorzubringen. In einem echten Denker sehen wir den beginnenden Schöpfer, der (zuerst unbewußt, später aber bewußt) die Macht haben wird, „zu verdichten, den Niederschlag herbeizuführen“ oder die objektive Form in Erscheinung treten zu lassen. Diese Formen werden entweder in Einklang mit der göttlichen Absicht oder mit dem Plan stehen und infolgedessen die Evolution fördern, oder sie werden von persönlichen Absichten beseelt und durch trennende, egoistische Ziele gekennzeichnet sein, und deshalb einen Teil der rückschrittlichen Kräfte und des materiellen Elementes bilden. Sie werden eine Art schwarzer Magie sein.

Wieder erscheinen die Vier:

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  1. Der Denker.
  2. Die innere Wirkungskraft.
  3. Die Qualität dieser Kraft.
  4. Der Niederschlag oder die Verdichtung.

Die Verdichtung der Gedankenformen.

Was ist eine Verdichtung? Es könnten viele Definitionen gegeben werden, und die meisten von ihnen würden - in Worte gekleidet - viel von ihrer wahren Bedeutung verlieren; doch kann eine gewisse Vorstellung in den folgenden Worten vermittelt werden:

„Ein Niederschlag oder eine Verdichtung ist eine Zusammenballung von Energien, die in einer bestimmten Form angeordnet sind, um die Idee eines schöpferischen Denkers auszudrücken; sie werden qualifiziert oder gekennzeichnet durch die Beschaffenheit seines Denkens und in dieser besonderen Form so lange zusammengehalten, wie sein Denken dynamisch bleibt."

 

^  18
[553-554]
590-591
Die Gesetze des Denkens sind die Schöpfungsgesetze, und das ganze Schöpfungswerk wird auf der ätherischen Ebene durchgeführt. Das stellt praktisch eine zweite Formel dar. Der Schöpfer des Sonnensystems beschränkt seine Aufmerksamkeit auf das Werk, das in der Region vollzogen wird, die wir die vier höheren Ebenen unseres Systems nennen. Die niederen drei bilden die kosmische [554] grobphysische Ebene und sind so etwas wie eine Verdichtung. Sie sind objektiv, da die Materie des Raumes auf die Wirkungskraft der vier höheren ätherischen Schwingungen reagiert oder von ihr angezogen wird. Diese Schwingungen werden ihrerseits in Gang gesetzt oder zur Tätigkeit angetrieben durch den dynamischen Impuls des göttlichen Gedankens. Es gibt einen ähnlichen Vorgang, soweit es den Menschen betrifft. Sobald der Mensch ein Denker wird und seine Gedanken formulieren kann, ihr objektives Erscheinen wünscht und die vier Äther „durch Erkenntnis“ aktivieren kann, wird sich die dichte, physische Erscheinungsform unvermeidlich bilden. Er wird mit seiner Pranaenergie - die durch hohes oder niederes Verlangen gekennzeichnet ist und durch die Kraft seines
591 Denkens belebt wird -, so viel von der reaktionsfähigen Materie im Raum anziehen, als nötig ist, um seiner Form einen Körper zu verschaffen.

 

^  19
[554-554]
591-591
Da ist vor allem einmal das Studium der objektiven Welt, in welcher sich der Aspirant befindet. Er wird die Tatsache beachten müssen, daß sein sichtbarer Körper eine Verdichtung ist, daß er ein Ergebnis seines starken Denkens und Verlangens und seiner „Erkenntnis“ der vier Äther ist. Er wird verstehen müssen, daß diese Form, die er geschaffen hat, gerade so lange andauern wird, als die dynamische Kraft seines Denkens sie zusammenhält, und daß sie zerfallen wird, wenn er (okkult gesprochen) „sein Auge abwendet“. Er wird auch erwägen müssen, daß seine Umwelt aus dem Wirken einer Menge von Gruppendenkern entstanden ist - einer Gruppe, zu der er selbst gehört.

 

^  20
[555-555]
591-592
Das Wort „Erkenntnis“ gehört zu den wichtigsten Begriffen in der Sprache des Okkultismus; es trägt den Schlüssel zu dem Mysterium des Seins in sich. Es hat mit karmischer Wirksamkeit zu tun,
592
und von ihm sind die Herren der Zeit und des Raumes abhängig. Es ist schwer, dies in einfachen Begriffen zu erklären, aber man könnte sagen, daß das Problem Gottes Selbst darin besteht, daß er eine dreifache Erkenntnis offenbaren muß:

  1. Die Erkenntnis der Vergangenheit, worin notwendigerweise die Erkenntnis jener Materie im Raum enthalten ist, die infolge früherer Verbindung schon von Gedanken und Absichten imprägniert ist.
  2. Die Erkenntnis der vier Grade von Lebewesen, die - wieder infolge früherer Verbindung - für seine neuen Gedanken in der Gegenwart empfänglich sind, und die daher seine Pläne ausführen und im Einklang mit ihm wirken können. Sie unterordnen ihre eigenen, persönlichen Ziele dem einen göttlichen Plan.
  3. Die Erkenntnisse des erstrebten Ziels, das in seinem Denken besteht. Dies erfordert wiederum eine scharfe Konzentration auf das Ziel und ein unverwandtes Festhalten der Absicht über die Wechselfälle des schöpferischen Wirkens hinweg, trotz der Wirkungskraft der vielen göttlichen Denker, die durch Ähnlichkeit der Idee zu ihm herangezogen wurden.

 

^  21
[556-557]
593-594
In der gleichen Richtung liegt die Aufgabe eines Menschen, der sich bemüht ein schöpferischer Denker zu werden. Sein Schöpferwerk wird erfolgreich sein, wenn er die Neigung und Richtung seines Denkens erkennen kann, die sich durch seine gegenwärtigen Interessen kundtut, denn diese haben ihre Wurzeln in der Vergangenheit. Es wird erfolgreich sein, wenn er die Schwingung der Gruppe von Lebewesen erkennen kann, mit deren Denken sein schöpferisches Wirken in Einklang vor sich gehen muß, denn ungleich der Gottheit im Sonnensystem kann er nicht allein arbeiten. Und wer kann sagen, ob unsere Gottheit in jenen großen Daseinssphären, in denen sie eine Rolle spielt, etwas freier ist von kosmischen Gruppeneinflüssen, als ein Menschenwesen frei ist von den Einwirkungen seiner Umweltimpulse? Es muß die Absicht erkennen, um derentwillen es ihm weise erscheint, eine Gedankenform zu bilden, und es muß jene Absicht stetig und unversehrt den ganzen Zeitraum der Objektivität hindurch festhalten. Dies nennen wir zielbewußte Aufmerksamkeit, und dieses schöpferische Werk ist eines der bis jetzt noch nicht erkannten Ziele der Meditation. Bisher legte man den Nachdruck darauf, eine konzentrierte Aufmerksamkeit zu [557] erlangen, und - wenn man das erreicht hatte - auf die Notwendigkeit, mit der Seele, dem geistigen Denker, in Kontakt zu kommen. In späteren Jahrzehnten jedoch wird sich eine bestimmte Schöpfungsmethode entwickeln. Wenn Seele, Denkvermögen und Gehirn vereint sind, und wenn man diese Vereinigung leicht herbeiführen kann, dann werden weitere Anweisungen in der schöpferischen
594
Kunst gegeben werden. Die Meditation ist die erste grundlegende Lektion, die gegeben wird, sobald die Menschen die Fähigkeit erreicht haben, auf der Mentalebene tätig zu sein.

 

^  22
[557-561]
594-598
Vielleicht wäre es wertvoll, wenn ich hier ganz einfach die Erfordernisse angeben würde, die notwendig sind, um die geistige Absicht eines Einzelmenschen oder einer Gruppe zu verwirklichen. Diese können in drei Worten zusammengefasst werden:

  1. Macht.
  2. Innerer Abstand.
  3. Enthaltung von Kritik.

So oft werden einfache Worte benutzt, und eben weil man sie täglich benutzt, geht ihre wahre Bedeutung und ihr esoterischer [558] Wert verloren.

595

Ich möchte euch einige Gedanken über jedes dieser Worte geben, wobei ich mich aber nur mit deren Beziehung zu dem Schöpferwerk der weißen Magie befassen möchte.

Damit Macht zum Ausdruck kommen kann, sind zwei Faktoren nötig:

  1. Zielstrebige, lautere Absicht.
  2. Es darf keine Hindernisse geben.

Die Schüler würden erstaunt sein, wenn sie ihre Motive sehen könnten, so wie wir sie sehen, die wir von der subjektiven Seite der Erfahrung aus den Weg zeigen. Gemischte Motive sind allgemein verbreitet. Ein reines Motiv ist selten, und wo es besteht, da stellt sich immer Erfolg und Erfüllung ein. Solch ein klares Motiv kann völlig egoistisch und persönlich, oder aber selbstlos und geistig sein; und dazwischen liegen, soweit es die Aspiranten betrifft verschiedene Mischungsgrade. Je nach der Reinheit der Absicht und der Zielstrebigkeit wird auch die Wirkungskraft sein.

Der Meister aller Meister hat gesagt: „Wenn dein Auge aufrichtig ist, wird dein ganzer Körper voll Licht sein“. Diese Worte, die er verkündete, zeigen uns ein Prinzip, das allem schöpferischen Wirken zugrunde liegt, und wir können die Idee, welche er damit in Worte kleidete, mit dem Symbol verbinden, das ich vorher in dieser Abhandlung beschrieben habe. Macht, Licht, Lebenskraft und Manifestation! Das ist das wahre Arbeitsverfahren.

Es wird deshalb klar sein, warum die offenbarte Einheit, der Mensch, gedrängt wird, eifrig und kraftvoll zu suchen und sein geistiges Streben zu pflegen. Wenn das Streben stark genug ist, dann wird er dazu gedrängt, sich die Fähigkeit zu erwerben, „sein Denkvermögen stetig im Licht zu halten“. Kann er das, dann wird er Macht erlangen und jenes aufrichtige Auge besitzen, das der innewohnenden göttlichen Wesensart zur Herrlichkeit gereichen wird. Solange er jedoch diesen Entwicklungsgang nicht bestanden hat, kann ihm keine Macht anvertraut werden. Das Verfahren ist wie folgt: Der einzelne Aspirant beginnt in seinem Leben auf der phy-
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sischen Ebene bis zu einem gewissen Grad die Absicht der Seele zu offenbaren. Er wandelt Begierde in geistiges Streben um, und dieses [559] Streben ist kraftvoll und real. Er lernt die Bedeutung des Lichts kennen. Wenn er die Technik der Meditation gemeistert hat (und damit befassen sich bestimmte, heute bestehende Schulen), dann kann er beginnen, mit der Macht umzugehen, denn dann hat er gelernt, als ein göttlicher Denker zu wirken. Er ist jetzt Mitarbeiter und steht in Kontakt mit der göttlichen Absicht.

Wie jedoch alle echten Schüler wissen, ist die Zahl der Hindernisse Legion. Behinderungen und Hemmnisse gibt es im Überfluss. Die Aufrichtigkeit der Absicht kann gelegentlich in hohen Augenblicken klar erkannt werden, aber sie bleibt uns nicht ständig. Da gibt es Hindernisse physischer Art, der Vererbung und Umwelt, des Charakters, der Zeit und der Umstände sowie des Weltkarmas als auch des individuellen Karmas. Was soll man da machen? Ich kann nur ein einziges Wort sagen und das heißt: ausharren. Ein Fehlschlag verhindert niemals den endlichen Erfolg. Durch Schwierigkeiten entwickelt sich die Stärke der Seele. Das Geheimnis des Erfolges heißt, stets unerschütterlich zu bleiben und unpersönlich zu sein.

Das zweite Erfordernis ist innerer Abstand. Der mit weißer Magie Wirkende muß sich soweit als möglich innerlich frei halten von dem, was er erschaffen hat, oder was er zu erschaffen versuchte; er soll sich nicht damit identifizieren. Das Geheimnis für alle Aspiranten liegt darin, die Haltung des Zuschauers und des schweigenden Beobachters zu pflegen, und ich möchte das Wort „schweigend“ unterstreichen. Viel echtes magisches Wirken bleibt erfolglos, weil der an der Materie Arbeitende und Bauende nicht still sein kann. Durch vorzeitiges Sprechen und zuviel Gerede erschlägt er das, was er zu erschaffen versucht hat; das Kind seines Denkens wird eine Totgeburt. Alle Geistesarbeiter in der Welt-Arena sollten die Notwendigkeit schweigender Losgelöstheit erkennen, und die Aufgabe eines jeden Schülers, der diese Unterweisungen liest, muß darin bestehen, eine losgelöste Haltung zu pflegen. Gerade ein gedankliches
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Abstandhalten ermöglicht es dem Denker, stets an der hohen und geheimen Stätte zu verweilen und von diesem Mittelpunkt des Friedens aus ruhig und kraftvoll das Werk auszuführen, das er sich vorgenommen hat. Er wirkt in der Welt der Menschen; er liebt und tröstet und dient; er schenkt seinen persönlichen Neigungen und Abneigungen oder seinen Vorurteilen und Bindungen [560] keine Beachtung; er steht wie ein Felsen der Stärke und wie ein zuverlässiger Helfer im Dunkel für alle, mit denen er in Berührung kommt. Die Pflege einer im Persönlichen losgelösten, aber im Geistigen verwurzelten Denkweise wird bis an die Wurzeln eines Menschenlebens greifen, aber sie wird ihn tausendfach für alles entschädigen, was weggeschnitten wird.

Es ist vieles über das Anhangen und über die Notwendigkeit, inneren Abstand zu gewinnen, geschrieben worden. Ich möchte alle Schüler bei der Dringlichkeit der gegenwärtigen Situation darum bitten, das nur aus Aspiration betriebene Lesen und Denken über diese Geisteshaltung sein zu lassen und dafür zu beginnen, sie praktisch zu üben und kundzutun.

Die dritte Voraussetzung heißt Enthaltung von Kritik. Was soll ich darüber sagen? Warum wird sie als ein so wesentliches Erfordernis angesehen? Weil Kritik (Analyse, und folglich ein Trennungsbestreben) das hervorstechende Merkmal der mentalen Typen sowie aller geordneten Persönlichkeiten ist. Weil Kritik ein mächtiger Faktor ist, der mentale und emotionale Substanz in Tätigkeit versetzen und somit einen starken Eindruck auf die Gehirnzellen machen kann, der sich dann in Worten auswirkt. Weil bei einem plötzlichen Ausbruch kritischer Gedanken die gesamte Persönlichkeit zu einer starken Gleichschaltung getrieben werden kann, jedoch in falscher Weise und mit verheerenden Folgen. Weil Kritik - die ja eine Fähigkeit des niederen Denkvermögens ist - verletzen und verwunden kann; und kein Mensch kann auf dem geistigen Weg fortschreiten, solange er Wunden schlägt und wissentlich Schmerz verursacht. Weil das Werk der weißen Magie und die Ausführung der hierarchischen Absichten grundlegenden Hindernissen begegnet
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in den Beziehungen, die zwischen den Tätigen und Jüngern bestehen. Unter dem Druck der gegenwärtigen Gelegenheit ist keine Zeit zur Kritik untereinander; die werktätigen Helfer behindern sich gegenseitig und halten das Werk auf.

Ich habe jetzt ein Gefühl der Dringlichkeit und möchte alle, welche diese Unterweisungen lesen, nachdrücklich bitten, ihre Neigungen und Abneigungen zu vergessen und die persönlichen Hindernisse zu übersehen, die unvermeidlich bei ihnen und bei denen bestehen, die [561] auf der physischen Ebene arbeiten und durch ihre Persönlichkeit behindert werden. Ich möchte alle werktätigen Helfer nachdrücklich daran erinnern, daß der Tag der Gelegenheit da ist und seine festgesetzte Frist hat. Diese kleinlichen menschlichen Reibungen, das Unvermögen, einander zu verstehen, die kleinen Fehler, die ihre Wurzeln in der Persönlichkeit haben und demnach vergänglich sind, Ehrgeiz und Illusion - all das muß schwinden. Wenn die tätigen Helfer inneren Abstand üben würden, da sie wissen, daß das Gesetz wirkt und Gottes Absichten zu einem endgültigen Ziel kommen müssen, und wenn sie lernen würden, niemals in Gedanken oder Worten zu kritisieren, dann würde die Erlösung der Welt rasch fortschreiten, und das neue Zeitalter der Liebe und Erleuchtung würde eingeleitet werden.

 

^  23
[573-575]
609-610
Der Schüler möge sich selber [574] fragen, ob seine gedankliche Haltung und die Worte, die er bei irgend einer Gelegenheit sprach, von dem Wunsch diktiert waren, den Hörern seinen Willen aufzudrängen. Dieses Auferlegen seines Willens könnte richtig oder auch falsch sein. Wenn es zurecht geschah, dann würde es bedeuten, daß er unter dem Impuls seines gei-
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stigen Willens handelte; seine Worte stünden dann im Einklang mit dem Vorhaben und der Absicht der Seele, sie wären von Liebe geleitet und deshalb aufbauend, hilfreich und heilend. Seine Einstellung wäre dann neutral und sachlich, und er hätte nicht den Wunsch, das Denken seines Bruders zu knebeln. Wenn aber seine Worte durch Eigensinn und den Wunsch veranlasst wurden, seine Ideen anderen aufzuzwingen und so in ihrer Gegenwart zu glänzen, oder sie zu zwingen, mit seinen Folgerungen übereinzustimmen, - dann wäre seine Methode zerstörerisch, tyrannisch, aggressiv, streitsüchtig, gewalttätig, grob oder aufreizend, je nach den Tendenzen und Neigungen seiner Persönlichkeit. Dies könnte die rechte oder falsche Anwendung der Kraft des ersten Strahls anzeigen.

Sollte die Kraftart, mit der er umgeht, die des zweiten Strahls sein, so kann er sie einer ähnlichen Analyse unterziehen. Er wird dann merken, daß sie auf Gruppenliebe, Dienst und Mitgefühl beruht, oder aber auf einem egoistischen Verlangen, geliebt zu werden, und auf Gefühlsseligkeit und schwärmerischem Anhangen. Seine Worte werden ihm das zeigen, wenn er sie genau studiert. Ähnlich ist es, wenn er die Kraft des dritten Strahls in einer persönlichen Art anwendet: er wird abwegige Vorschläge machen, spitzfindig und in seinen Behauptungen glatt und ausweichend sein, er wird in den Beziehungen zu seinen Mitmenschen Machenschaften anwenden oder sich zudringlich überall einmischen, emsig damit beschäftigt, das Weltgetriebe in Gang zu halten, anderer Leute Leben für sie zu lenken, oder aus Eigennutz die Zügel der Herrschaft so fest zu ergreifen, daß er alles und jedes opfert, um seine eigenen geschäftigen Zwecke zu fördern. Ist er jedoch ein echter Jünger und Aspirant, dann wird er mit dem Plan arbeiten und wird Kraft des dritten Strahls handhaben, um die liebevollen Absichten [575] der geistigen Wirklichkeit auszuführen. Er wird emsig und tätig sein, und sein Wort wird Wahrheit in sich tragen und ihn dazu führen, anderen zu helfen, denn er wird sachlich und wahrhaft sein.

 

^  24
[582-587]
618-624
Denkt daran, daß kein Mensch ein Jünger ist, so wie ein Meister dieses Wort versteht, wenn er nicht ein Pionier ist. Wenn die geistige Wahrheit einen Widerhall findet, wenn eine wirkliche Freude an vorwärtsweisenden Idealen, eine frohe Zustimmung zu den Wahrheiten des Neuen Zeitalters vorhanden ist, - so macht doch all dies noch keinen Jünger aus. Wäre es so, dann wären die Reihen der Jünger schnell aufgefüllt, doch das ist leider nicht der Fall. Die Fähigkeit, ein Verständnis für die nächsten Erkenntnisse zu gewinnen, die dem menschlichen Denken bevorstehen, - sie kennzeichnet den Aspiranten, der vor der angenommenen Jüngerschaft steht; die aus der Feuerprobe anstrengender innerer Erfahrung er-
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arbeitete Fähigkeit, das unmittelbare Zukunftsbild zu erschauen und jene Grundideen zu erfassen, die das Denkvermögen notwendigerweise einhüllen muß, - das gibt einem Menschen das Recht ein anerkannter Mitarbeiter am Plan zu sein (anerkannt von den Großen, wenn auch nicht anerkannt von der Welt). Wenn man die richtige geistige Einstellung und Aspiration erreicht hat und diese beharrlich beibehält, ganz gleich welche Verwirrungen etwa im Leben auf der physischen Ebene bestehen -, dann zeigt eben das jenen Beobachtern, welche nach Helfern suchen, an, daß hier ein Mensch ist, dem man einen kleinen Aspekt des von ihnen unternommenen Werkes anvertrauen kann; die Fähigkeit, das niedere Selbst zu vergessen und untertauchen zu lassen in der Aufgabe, die Welt unter dem [583] Seelenimpuls zu leiten, - sie hebt einen Menschen aus den Reihen der strebenden Mystiker heraus in die Reihen der praktisch und dennoch mystisch denkenden Okkultisten.

Es ist eine ausgesprochen praktische Arbeit, zu der wir uns verpflichtet haben; sie hat dazu solche Ausmaße, daß sie die ganze Aufmerksamkeit und Zeit eines Menschen, selbst sein ganzes Gedankenleben, in Anspruch nimmt; und sie bringt ihn zu einer wirksamen Entfaltung seiner Persönlichkeitsaufgabe, die ihm durch karmische Begrenzungen und ererbte Neigungen auferlegt wird sowie zu einer beharrlichen Hinwendung zu magisch-schöpferischem Wirken. Jüngerschaft ist eine Synthese von harter Arbeit, intellektueller Entfaltung, beharrlichem geistigem Streben und geistiger Orientierung; dazu kommen die seltenen Qualitäten positiver Harmlosigkeit und des offenen Auges, das nach Belieben in die Welt der Wirklichkeit hineinschaut.

Es sollten dem Jünger bestimmte Überlegungen nahegebracht werden, die wir um der Klarheit willen aufzählen wollen. Um ein Adept zu werden, muss der Jünger folgenden Geboten gehorchen:

  1. Erforsche den Weg.
  2. Gehorche den inneren Impulsen der Seele.
  3. Kümmere dich nicht um weltliche Überlegungen oder Rücksichten.
  4. 620
  5. Führe ein Leben, das anderen als Beispiel dient.

Diese vier Forderungen mögen beim ersten oberflächlichen Lesen leicht erfüllbar klingen; wenn man sie jedoch sorgfältig studiert, so wird es deutlich werden, warum ein Adept „die seltene Blüte einer Generation suchender Menschen“ ist. Wir wollen einmal diese vier Punkte nacheinander durchgehen.

1. Erforsche den Weg. Von einem Meister wird uns gesagt, daß aus einer ganzen Generation Suchender vielleicht nur ein Adept hervorgeht. Warum sollte das so sein? Aus zwei Gründen:

Erstens ist der wahre Forscher ein Mensch, der über die Weisheit seiner ganzen Generation verfügt, der das Beste ist, was [584] seine eigene Zeit hervorgebracht hat, und der doch unbefriedigt bleibt, denn sein inneres Verlangen nach Weisheit ist ungestillt. Es wird ihm klar, daß es etwas Wichtigeres gibt als alles Wissen, etwas, das größere Bedeutung hat als alle Erfahrung seiner eigenen Epoche und Zeit zusammengenommen. Er erkennt eine weitere Stufe und versucht, sie zu ersteigen, um etwas zu gewinnen, das er zu dem bereits von seinen Gefährten erworbenen Anteil hinzufügen kann. Nichts befriedigt ihn, ehe er nicht den Weg findet, nichts stillt das Verlangen im Zentrum seines Wesens, als nur das, was er im Haus seines Vaters findet. Er wird zu dem, was er ist, weil er alle geringeren Wege erprobt und sie als unzureichend befunden hat, weil er vielen Führern gefolgt ist und herausfand, daß sie „blinde Führer der Blinden“ waren. Es bleibt ihm nichts übrig, als sein eigener Führer zu werden und seinen Weg nach Hause allein zu finden. In der Einsamkeit, die das Los eines jeden wahren Jüngers ist, wird jene Selbsterkenntnis und jenes Selbstvertrauen geboren, die ihn wiederum befähigen, ein Meister zu werden. Diese Einsamkeit ist nicht einer absondernden Geisteshaltung, sondern den Bedingungen des Weges selbst zuzuschreiben. Die Aspiranten müssen diesen Unterschied sorgfältig beachten.

Zweitens ist der echte Forscher ein Mensch, dessen Mut von jener seltenen Art ist, die den Besitzer befähigt, aufrecht dazustehen
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und seinen eigenen klaren Ton inmitten der Unruhe der Welt erklingen zu lassen. Es ist ein Mensch, dessen Auge so geschult ist, daß es über die Nebel und Dünste der Erde hinweg auf jenes Zentrum des Friedens schauen kann, das über allen irdischen Geschehnissen steht; er hat das geübte, aufmerksame Gehör, das (nachdem er einmal das Flüstern der Stimme der Stille vernommen hat) auf diese hohe Schwingung abgestimmt bleibt und somit allen geringeren, verlockenden Stimmen gegenüber taub ist. Auch das bringt wieder Einsamkeit und führt zu jenem Abstand, den alle weniger entwickelten Seelen in der Gegenwart von Menschen spüren, die ihnen voraus sind.

Eine paradoxe Situation entsteht durch die Tatsache, daß dem Jünger gesagt wird, er solle den Weg erforschen, und doch ist niemand da, der ihm etwas darüber sagen würde. Diejenigen, die den Weg kennen, dürfen nicht sprechen, denn sie wissen, daß der Pfad vom Aspiranten erbaut werden muß, so wie die Spinne aus dem [585] Mittelpunkt ihres eigenen Wesens heraus ihr Netz spinnt. So entfalten sich in jeder Generation nur jene Seelen zu Adepten, die allein durch die „Kelter des göttlichen Zornes geschritten sind“, oder die - mit anderen Worten - ihr Karma allein abgetragen und einsichtsvoll die Aufgabe übernommen haben, den Pfad zu betreten.

2. Gehorche den inneren Impulsen der Seele. Die Lehrer der Menschheit unterrichten den angehenden Eingeweihten wohlweislich darin, das Unterscheidungsvermögen zu üben; sie schulen ihn in der mühsamen Aufgabe, zu unterscheiden zwischen:

  1. Instinkt und Intuition.
  2. Höherem und niederem Denken.
  3. Verlangen und geistigem Impuls.
  4. Egoistischem Streben und göttlichem Antrieb.
  5. Dem von den Lunarherren ausgehenden Drang und der Entfaltung des Sonnenherrn.

Es ist keine leichte oder schmeichelhafte Aufgabe, sich selbst zu
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ergründen und zu entdecken, daß vielleicht sogar der Dienst, den wir geleistet haben, und unser Verlangen, zu forschen und zu wirken, im letzten Grund einer egoistischen Haltung entsprang und auf dem Wunsch nach Befreiung oder auf der Unlust beruht, eintönige Alltagspflichten zu erfüllen. Derjenige, der den Impulsen der Seele gehorchen will, muß im Zusammenfassen von Tatsachen genau sein und eine Wahrhaftigkeit gegen sich selbst pflegen, was heute wirklich noch sehr selten ist. Er sollte sich sagen: „Ich muß gegen mein eigenes Selbst wahrhaftig sein“, und er soll auch in den Augenblicken seines Lebens, die ihm allein gehören, und in der Verschwiegenheit seiner eigenen Meditation keinen Fehler beschönigen, noch sich in irgend einer Hinsicht entschuldigen wollen. Er soll lernen, seine eigenen Worte, Taten und Motive prüfend zu erkennen und die Dinge beim richtigen Namen zu nennen. Nur so wird er sein geistiges Unterscheidungsvermögen schulen und die Wahrheit in allen Dingen erkennen lernen. Nur so kann er zur Wirklichkeit durchdringen und das wahre Selbst erkennen.

3. Achte nicht auf die gescheiten Überlegungen weltlicher Wissenschaft und weltlicher Klugheit. Wenn der Aspirant in sich die Fähigkeit heranbilden muß, allein zu gehen, wenn er die Kraft [586] entwickeln muß, in allen Dingen wahrhaftig zu sein, so ist es für ihn ebenso nötig, seinen Mut auszubilden. Er wird der Meinung der Welt konsequent entgegentreten müssen, auch wenn sie sich in der besten Weise äußert; und dies wird immer wieder notwendig sein. Er muß lernen, das Rechte zu tun, so wie er es sieht und erkennt, ohne Rücksicht auf die Meinung auch der größten und meistgenannten Menschen der Erde. Er muß sich auf sich selbst verlassen und den Beschlüssen folgen, die er selbst in den Augenblicken geistiger Kommunion und Erleuchtung gefaßt hat. Gerade hier versagen so viele Aspiranten. Sie handeln nicht nach bestem Wissen; es gelingt ihnen nicht, bis ins einzelne so zu handeln, wie es ihnen die innere Stimme sagt; sie lassen bestimmte Dinge ungetan, zu denen sie in ihren Meditationsaugenblicken veranlaßt wurden, und spre-
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chen nicht das Wort, das ihr geistiger Ratgeber, das Selbst, sie zu sprechen drängt. Aus der Anhäufung all dieser unerfüllten Einzelheiten ergeben sich dann die großen Mißerfolge.

Es gibt im Leben eines Jüngers keine Lappalien, und ein ungesprochenes Wort, eine nicht ausgeführte Handlung können sich als der Umstand erweisen, der den Menschen von der Einweihung abhält.

4. Führe ein Leben, das anderen zum Beispiel dient. Ist es nötig, darauf näher einzugehen? Es scheint, als ob dies nicht sein müßte, und doch versagen die Menschen auch hier wieder. Was ist überhaupt Gruppendienst? Einfach das beispielhafte Leben. Derjenige Mensch ist der beste Repräsentant der Ewigen Weisheit, der jeden Tag, auf dem Platz, wo er steht, das Leben des Jüngers führt; er führt es nicht dort, wo er seiner Meinung nach stehen sollte. Vielleicht ist die Feigheit überhaupt die Eigenschaft, aus der die meisten Mißerfolge bei den Aspiranten zur Meisterschaft entspringen. Die Menschen versäumen es, sich dort zu bewähren, wo sie stehen, weil sie irgendeinen Grund finden, der ihnen die Meinung eingibt, sie müßten an anderer Stelle stehen. Die Menschen laufen, meist ohne das klar zu erkennen, vor Schwierigkeiten, vor unharmonischen Zuständen, vor problematischen Situationen und vor Umständen davon, die nach Taten höherer Art verlangen und die dazu bestimmt sind, aus dem Menschen das Beste, das in ihm [587] liegt, herauszuholen, vorausgesetzt, daß er durchhält. Die Menschen fliehen vor sich und anderen, anstatt einfach ihr Leben zu leben.

Der Adept spricht kein Wort, das verletzen, Schaden anrichten oder verwunden könnte. Darum hat er die Bedeutung der Sprache inmitten der Unruhen des Lebens lernen müssen. Er verschwendet keine Zeit an Selbstbedauern oder Selbstrechtfertigung, denn er weiß: das Gesetz hat ihn dorthin gestellt, wo er ist, und wo er am besten dienen kann; er hat gelernt, daß die Schwierigkeiten immer vom Menschen selbst verschuldet und das Ergebnis seiner eigenen gedanklichen Einstellung sind. Wenn ihn der Wunsch ankommt, sich selbst zu rechtfertigen, so erkennt er dies als eine Versuchung,
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die er meiden muß. Er erkennt, daß jedes gesprochene Wort, jede vollzogene Tat, jeder Blick und jeder Gedanke eine Wirkung zum Guten oder Bösen auf die Gruppe ausübt.

Wird daraus nicht deutlich, warum so wenige Erfolg haben und so viele versagen?

 

^  25
[603-604]
639-640
Ihr möchtet von mir eine genauere Erklärung haben, was ich unter dem Begriff „esoterischer Sinn“ verstehe. Ich meine damit im Wesentlichen die Fähigkeit, subjektiv zu leben und zu wirken, und einen beständigen inneren Kontakt mit der Seele und mit der Welt, in der sie zu Hause ist zu haben; das muß sich subjektiv durch tatkräftig bewiesene Liebe auswirken, durch Weisheit, die ständig ausgegossen wird, und durch die Fähigkeit, universal zu denken und sich mit allem, was da atmet und fühlt, eins zu wissen, denn diese Fähigkeit ist das hervorstechende Merkmal aller wahrhaft wirkenden Gottessöhne. Ich meine also eine innerlich festgehaltene, gedankliche Einstellung, die sich beliebig nach jeder Richtung hinwenden kann. Sie kann die Empfänglichkeit für Gefühle beherrschen und leiten - nicht nur die des Jüngers selbst, sondern auch all derer, mit denen er in Berührung kommt. Durch die Kraft seiner stillen Gedanken kann er allen Licht und Frieden bringen. Durch diese gedankliche Kraft kann er sich in das Weltdenken und in das Reich der Ideen einschalten, und er kann zwischen jenen Gedankentätigkeiten und jenen Ideen unterscheiden und wählen, die sich ihm - als einem nach dem Plan Wirkenden - ermöglichen, seine Umwelt zu beeinflussen und die neuen Ideale in jenen Gedankenstoff zu kleiden, in dem sie in der Welt des gewöhnlichen Alltagslebens und -Denkens leichter erkannt werden können. Diese Geisteshaltung
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wird den Jünger auch befähigen, sich in der Seelenwelt zu orientieren und an dieser hohen Stätte der Inspiration und des Lichts seine Mitarbeiter zu finden, mit ihnen in Verbindung zu treten und sich im Verein mit ihnen der Ausführung der göttlichen Absichten zu widmen.

Dieser esoterische Sinn ist das Haupterfordernis für den Aspiranten [604] an diesem Punkt der Weltgeschichte. Solange die Aspiranten diesen Sinn nicht bis zu einem gewissen Grad begriffen haben und ihn zu nützen verstehen, können sie niemals einen Teil der Neuen Gruppe bilden; sie können niemals als weiße Magier wirken, und diese Unterweisungen werden für sie nur Theorie und hauptsächlich intellektuell bleiben, anstatt praktisch und wirkungsvoll zu sein.

Um diesen inneren esoterischen Sinn zu pflegen, ist Meditation notwendig, und zwar fortgesetzte Meditation in den Anfangsstadien der Entwicklung. Im Lauf der Zeit jedoch, wenn der Mensch geistig wächst, wird diese tägliche Meditation zwangsläufig einer ständigen geistigen Ausrichtung weichen, und dann ist die Meditation - so wie sie jetzt verstanden und gefordert wird - nicht mehr notwendig. Der Mensch wird sich dann so vollständig von den von ihm benutzten Formen losgelöst haben, daß er immer im „Sitz des Beobachters leben“, und von dieser Stelle und aus dieser Haltung heraus die Tätigkeit des Denkens, der Gefühle und der Energien lenken wird, welche die physische Wesensäußerung möglich und nützlich machen.

 

^  26
[609-609]
645-646
Wir haben gesehen, dass es das Ziel aller inneren Schulung ist,
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den esoterischen Sinn zu entwickeln und jenes innere sensitive Gewahrsein zu entfalten, das einen Menschen befähigt, nicht nur als physisch inkarnierter Gottessohn zu wirken, sondern als jemand, der auch jene Kontinuität des Bewußtseins besitzt, die es ihm ermöglicht, sowohl innerlich wach als auch äußerlich tätig zu sein. Das wird erreicht, wenn sich der Mensch zu einem geschulten Beobachter entwickelt. Ich empfehle diese Worte allen Aspiranten zur Beachtung. Gerade die Beharrlichkeit im Zustand rechter Beobachtung führt zur inneren Loslösung von der Form und in der Folge zur Fähigkeit, die Form nach Belieben benutzen zu können mit der Absicht, die hierarchischen Pläne zu fördern; so bringt man der Menschheit Nutzen.

 

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[610-610]
646-646
Wenn ein Mensch diese Stufe erreicht hat und in bewußtem Kontakt mit dem Plan steht, dann kann das wahre magische Wirken beginnen. Menschen, die als Seelen zu leben beginnen, können die magische Arbeit des neuen Zeitalters aufnehmen und können jene Wandlungen und jenen Neuaufbau in die Wege leiten, welche den neuen Himmel und die neue Erde erschaffen werden, von denen alle heiligen Schriften der Welt beredtes Zeugnis ablegen.

 

^  28
[610-610]
647-647
Sie gelten natürlich auch für das Wirken derer, die durch ihre verstandesmäßigen Leistungen gelernt haben, als Magier zu arbeiten - aber auf der schwarzen Seite, wie man es nennt; denn es gelten für beide Gruppen die gleichen Regeln im magischen Wirken, obgleich die veranlassenden Impulse verschieden sind. Aber mit dem Tun der schwarzen Magier haben wir nichts zu schaffen. Das, was sie tun, hat vorübergehend eine mächtige Wirkung, - „vorübergehend“ im zyklischen Sinn; aber diese Wirkungen müssen zu rechter Zeit aufhören und den Forderungen und dem Werke der Licht- und Lebensbringer untergeordnet werden.

 

Dieses ist das Ende von "Weiße Magie und Harmlosigkeit"
Zur englischen Version dieses Kapitels: White magic and harmlessness

 

Zu Kapitel: [61]

 

 

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