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Dieses ist das 55. Kapitel von "Die Imitationskirche."

 

55. Körper und Seele und Geist

Frank L. Preuss

 

Im vorigen Kapitel unseres Buches "Die Imitationskirche", 54. Wahrnehmung auf höheren Ebenen des Bewußtseins, hatten wir uns den Körper angesehen und besonders die beiden "Körper", die direkt mit dem physischen Körper zusammenhängen, den Lebenskörper und den Seelenkörper.

In diesem Kapitel wollen wir nun die Betrachtungen über Körper und Seele und Geist fortsetzen.

In Fortsetzung der Art und Weise der Darstellung wie wir es in Kapitel 22. Verstand und Leib angefangen hatten, wollen wir auch hier wieder die Tabellenform nehmen, da sie es erleichtert, sich immer vor Augen zu stellen, welcher Teil des menschlichen Wesens gerade besprochen wird und wie er in der Gesamtheit einzuordnen ist.

Es folgt also die Tabelle von Kapitel 22, die sich besonders auf den Körper bezieht, nur haben wir alternative Bezeichnungen hinzugefügt, wie sie anderswo benutzt werden und zwar besonders von Rudolf Steiner, denn wir wollen uns in diesem Kapitel mit seinen Beschreibungen des Menschen befassen:

1

2

3

Leib

Seele

Geist

11

12

13

   

physischer Leib

Lebensleib oder ätherischer Körper oder Körper der formenden Kräfte

Seelenleib oder Astral-Körper

Im vorigen Kapitel hatten wir Information gebracht, die aus einem Buch über Rudolf Steiner kam, in diesem Kapitel wollen wir aber auf Bücher zurückgreifen, die von Rudolf Steiner selbst geschrieben wurden.

Das erste Buch von Rudolf Steiner, aus dem wir uns seine Beschreibungen ansehen wollen, hat den Titel "Die Stufen der höheren Erkenntnis – Kosmologie, Religion und Philosophie – Vom Seelenleben." Dieser Auszug befaßt sich mit dem ätherischen Körper:

Die Sinneswissenschaft wird durch die Sinne vermittelt, und was der Verstand über die Beobachtungen der Sinne denkt, das ist Zusammenfassung des durch die Sinne vermittelten Inhaltes. Dieses Denken hat keinen eigenen Inhalt. Indem der Mensch in einer solchen Erkenntnis lebt, erkennt er sich selbst nur als physischen Körper. Philosophie war aber zuerst ein Seeleninhalt, der nicht mit dem physischen Körper erlebt wurde. Er wurde erlebt mit einem menschlichen Organismus, der nicht mit den Sinnen wahrgenommen werden kann. Es ist dies ein ätherischer Körper, der dem physischen Körper zugrunde liegt, und der die übersinnlichen Kräfte enthält, die dem physischen Körper Form und Leben geben. Der Mensch kann sich der Organisation dieses ätherischen Körpers geradeso bedienen wie seines physischen. Dann aber bildet dieser ätherische Körper Ideen von einem Übersinnlichen aus wie der physische Körper durch die Sinne Ideen von dem Sinnlichen. Die alten Philosophen entwickelten ihre Ideen durch den ätherischen Körper. Indem das Geistesleben der Menschheit diesen ätherischen Körper für die Erkenntnis verloren hat, hat es zugleich dem Wirklichkeitscharakter der Philosophie verloren. Philosophie ist ein bloßes Ideengebäude geworden. Es muß erst wieder die Erkenntnis des ätherischen Menschen erworben werden: dann wird auch Philosophie wieder einen Wirklichkeitscharakter gewinnen können. Das soll den ersten der Schritte kennzeichnen, die durch Anthroposophie getan werden sollen.

Dies stimmt mit dem überein, was uns Jesus über Philosophie sagt. Er sagt, daß Sokrates und Plato die letzten waren, die noch etwas vom inneren Leben des Menschen kannten. Danach war aus. Aristoteles war also der Anfang der modernen Philosophie, einer Philosophie ohne Wirklichkeitscharakter.

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Sage Ich: »Die Schulen Ägyptens sind eingegangen und bestehen in der Art und weise schon gar lange nicht mehr; denn zu Mosis Zeiten hat es darin sehr zu hapern angefangen. Schon damals fing man an, nur einen äußerlichen Unterricht zu erteilen, und ein Plato und ein Sokrates waren so ziemlich schon die letzten, die von der innern Lebensschule noch einen leisen Begriff hatten.

Das ist aus Jakob Lorbers "Das große Evangelium Johannes".

Der ätherische Körper, oder der Lebenskörper, ist der Teil von uns, den wir uns am leichtesten vorstellen können. Wir können ihn sogar fühlen. Wenn wir die Vibrationen unseres physischen Körpers fühlen, wenn wir uns auf den Rücken legen und nach innen lauschen, dann können wir diese Vibration fühlen, und was besonders wichtig ist, ist daß wir diese Vibrationen auch beeinflussen können, und das sollte uns eine Idee geben, wie wir unseren physischen Körper, und besonders seine Gesundheit, beeinflussen können. Ich kann diese Vibrationen auf den Körperteil konzentrieren, der besonders Energie benötigt, um wieder gesund zu werden.

Der gesamte physische und seelische und geistige Zustand von mir hängt von mir ab. Ich treffe die Entscheidungen. Ich entscheide über Gesundheit meines Leibes und ich entscheide, wohin meine Seele beim Übergang ins Jenseits hingeht. Gott hat mir freien Willen gegeben und auch alle Möglichkeiten ihn zu gebrauchen und auch alle Gnadenmittel. Es liegt an mir, mich für Gott zu entscheiden oder gegen ihn.

Wir wollen nun zu einem anderen Buch von Rudolf Steiner gehen: "Antworten der Geisteswissenschaft auf die großen Fragen des Daseins" und uns dort mehr mit der Seele beschäftigen und den verschiedenen Aspekten der Seele.

Ich wiederhole zunächst unsere Tabelle und erweitere sie und zeige dort die drei Teile der Seele und führe dort auch die Begriffe auf, die Steiner benutzt. Es ist die Darstellung aus dem Kapitel 23. Verstand und Seele:

1

2

3

Leib

Seele

Geist

11

12

13

21

22

23

 

physischer Leib

Lebensleib

Seelenleib

Sinnesseele oder Empfindungsseele

Verstandesseele oder Gemütsseele

Bewußtseinsseele

Jetzt folgt also der Auszug aus dem Buch von Rudolf Steiner: "Antworten der Geisteswissenschaft auf die großen Fragen des Daseins":

Man wird aber, wenn man auf das Ganze des Menschen sieht, sich klar sein müssen, daß das, was wir die menschliche Seele nennen, und was sich auslebt in der ganzen, auch leiblich-seelischen Organisation des Menschen, nichts Einfaches ist. Man kann ja wieder rückhaltlos den Willen zur Trivialität haben und sagen: Warum habt ihr Anthroposophen durchaus den Spleen, in der Seele drei Seelenglieder und gar viele Glieder in der menschlichen Natur zu unterscheiden? Ihr redet da von einer Empfindungsseele, von einer Verstandesseele und von einer Bewußtseinsseele. Es wäre doch viel einfacher, von der Seele als einer einheitlichen Wesenheit zu sprechen, in der gedacht, empfunden und gewollte wird. – Einfacher is es gewiß, bequemer – und trivial auch. Aber das ist auch zugleich etwas, was die wissenschaftliche Betrachtung des Menschen nicht in Wahrheit fördern kann. Denn nicht aus der Sehnsucht, einzuteilen und viele Worte zu machen, entspringt die Gliederung der menschlichen Seele in Empfindungsseele, das heißt in denjenigen Teil, der zunächst mit der Umgebung in Verbindung tritt und die Wahrnehmungen und Empfindungen von außen erhält, in dem sich auch die Begierden und Instinkte entwickeln, und der dann von dem Teil zu trennen ist, in dem schon in einem gewissen Sinne das Gewonnene verarbeitet ist. Unsere Empfindungsseele bringen wir in Tätigkeit, indem wir der Außenwelt gegenüberstehen, von ihr Farben- und Toneindrücke empfangen, aber auch auftauchen lassen, was wir als normale Menschen zunächst nicht in der Hand haben: unsere Triebe, Begierden und Leidenschaften. Wenn wir uns aber zurückziehen und das, was wir durch die Wahrnehmungen und so weiter aufgenommen haben, in uns verarbeiten, so daß das durch die Außenwelt in uns Angeregte sich zu Gefühlen umformt, dann leben wir in dem zweiten Seelengliede, in der Verstandes- oder Gemütsseele. Und insofern wir unsere Gedanken lenken und leiten und nicht am Gängelbande geführt werden, leben wir in der Bewußtseinsseele.

In der «Geheimwissenschaft» oder in der «Theosophie» werden Sie sehen, daß die drei Seelenglieder noch viel mehr Beziehungen haben – in anderer Art – zu dem, was in der Außenwelt ist, nicht weil wir an der Einteilung Freude haben, sondern weil das, was wir Empfindungsseele nennen, in ganz anderer Weise zum Kosmos zugeordnet ist als das, was wir Bewußtseinsseele nennen.

Die Bewußtseinsseele ist es, die den Menschen isoliert, die ihn sich so recht als ein innerlich geschlossenes Wesen empfinden läßt. Was wir Verstandesseele nennen, bringt ihn zu der Umgebung und zum ganzen Kosmos in Beziehung, dadurch ist er ein Wesen, das wie ein Extrakt, wie ein Zusammenfluß der ganzen Welt erscheint. Durch die Bewußtseinsseele lebt der Mensch in sich, isoliert sich. Das Hauptsächlichste, was man in der Bewußtseinsseele erlebt, ist das, was man am spätesten unter seinen Anlagen als Mensch zur Entwicklung bringt: die Fähigkeit des logischen Denkens, daß wir Meinungen, Gedanken und so weiter haben. Das ruht in der Bewußtseinsseele.

Wir kommen jetzt zu einem dritten Buch von Rudolf Steiner, "Die Welträtsel und die Anthroposophie". Dieses Buch enthält 22 öffentliche Vorträge, die Steiner zwischen dem 5. Oktober 1905 und dem 3. Mai 1906 im Architektenhaus in Berlin gehalten hat.

Ich bringe jetzt Auszüge aus Rudolf Steiners Vortrag "Grundbegriffe der Theosophie. Seele und Geist des Menschen," den er in Berlin am 19. Oktober 1905 gehalten hat:

Ein physisches Auge sieht dadurch, daß die äußere Lichtquelle Strahlen auf einen Gegenstand wirft. Ohne Licht wird nicht gesehen. Auge und Licht gehören zusammen. In der sinnlichen Außenwelt sind Auge und Licht zwei getrennte Dinge. In der Seele wird das seelische Auge erweckt, und das ist zugleich die Quelle eines neuen seelischen Lichtes. Wir selbst müssen dieses Licht von uns ausstrahlen, welches das Seelische, das vor uns steht, sichtbar macht. Wenn Sie auf diese Weise, durch Versenkung in Ihr Inneres und die damit verbundene Erweckung des inneren Lebens, das innere Licht erhalten haben, dann fängt Ihr eigener Astralkörper von innen heraus zu leuchten an und beleuchtet alles in Wahrheit und Wirklichkeit wie die Sonne die Gegenstände. Aber Sie beleuchten nicht die äußere Welt, sondern das, was seelisch ist, was im Menschen lebt als Affekt; das wird dann durch die Strahlen, die Sie selbst aussenden, für Sie sichtbar. So kann der Mensch dasjenige, was ist, aber was äußerlich nicht wahrnehmbar ist, für sich wahrnehmbar machen.

 

Das dritte, wovon wir sprechen müssen, ist der Geist. Lust und Leid, Schmerz und Freude, Leidenschaft, Instinkt und Begierde und was wir sonst noch ähnlich benennen können, fassen wir unter dem Namen Seele zusammen. Und frägt man, was die Seele ist, dann sagen wir: Was im Inneren zunächst zum lebendigen Dasein kommt, das ist die Seele.

 

Geist ist nicht nur im Innern des Menschen vorhanden, sondern im Grunde genommen, durch eine sehr banale Vernunfttätigkeit kann man sich überzeugen, überall in der Welt. Alle Menschen in der Welt denken, denken in dem, was um sie herum ist. Sie verschaffen sich durch ihre Gedanken Kenntnis von der Welt um sie herum. Diese Gedanken sind nicht nur ein Ausdruck dessen, was in der Außenwelt lebt, sondern auch von etwas, was in der Außenwelt nicht lebt. Wenn Sie das Weltenall überblicken, dann erblickt Ihr Sinn eine Unsumme von Sternen und Vorgängen, eine ganze Sternenwelt, und dann kommt Ihr Nachdenken und verschafft sich einen Begriff von dieser Sternwelt. Wenn Ihr Sinn einen Wassertropfen sieht, dann verschafft sich Ihr Nachdenken einen Begriff von diesem Wassertropfen. Kürzer gesagt, Sie sind nicht zufrieden, die Sachen wahrzunehmen, Sie wollen sie auch begreifen. Das ist etwas anderes als das bloße sinnliche Wahrnehmen.

 

Seele nennen wir dasjenige, was im Inneren beschlossen ist. Der Schmerz gehört in unser eigenes Innere. Er hat seine Grenzen in den Grenzen unserer Seele.

 

So haben wir ein Dreifaches: Das Sinnliche in der Welt, das stoffliche, materielle Dasein, wahrgenommen durch die äußeren Sinne; die Seele, die wir erleben und welche diejenige Seele, die auf jene Weise unterrichtet ist, von der ich gesprochen habe, ebenfalls wahrnehmen kann, und den Geist, den wir voraussetzen in der ganzen Welt, als das sie durchflutende Fluidum und als das, was uns die Wesenheit der Dinge zunächst verkündet. Wahrnehmen kann der Mensch diesen Geist zunächst da, wo er als solcher auftritt. Was er da wahrnehmen kann, ist seine äußere Physiognomie, das, wie sich der Geist in der äußeren sinnlichen Wirklichkeit zum Ausdruck bringt. Nicht den Geist sieht man in der Welt, sondern dasjenige, wodurch sich der Geist zum sinnlichen Ausdruck verhilft.

Im Geiste denkt der Mensch. Der Gedanke lebt zwar in der Welt, aber sehen kann ihn der Mensch nicht. Er kann ihn nur denken. So wahr Sie selbst denken über die Welt und so wahr sich in Ihnen ein geistiges Spiegelbild von der Welt bildet, so wahr bildet es sich auch in jedem andern Menschen. Und dieser andere Mensch ist nicht nur Trieb und Leidenschaft, sondern in ihm lebt auch dieses geistige Spiegelbild der Welt. Das kann nun wiederum für eine höhere Anschauung durch die Augen und Ohren des Geistes wahrgenommen werden. Wahr ist es, daß jene innere Schulung, von der ich gesprochen habe, nicht nur die Fähigkeit erzeugt, die Seele des Menschen wahrzunehmen, sondern es kann der Mensch auch die Fähigkeit in sich ausbilden, den Gedanken des anderen zu sehen, das Weltbild, die ganze Umwelt zu begreifen und wahrzunehmen. Dann, wenn der Mensch nicht nur das äußere Abbild dieses Gedankens wahrnimmt, sondern den Gedanken selbst, wenn er imstande ist, seine geistigen Ohren dem Weltall zu eröffnen, so daß er nicht nur durch seine Sinne den Sternenhimmel wahrnehmen kann, sondern dasjenige, wodurch alles Sinnliche geworden ist, für das alles Sinnliche die äußere Physiognomie ist, dann wird er wahrhaft und wirklich die Gedanken, den Geist der Welt wahrnehmen. Der Stern erscheint ihm dann nicht nur als Stern, sondern der Stern sagt ihm etwas. Die Steine, zum Beispiel der Bergkristall erscheint ihm nicht nur wasserhell, sondern er sagt ihm auch seine Wesenheit an, und es ist möglich, daß der Mensch durch eine solche Vertiefung, wie sie angedeutet worden ist, einem jeglichen Ding in ganz neuer Art entgegentritt, so daß die Dinge rings um ihn herum tönend sprechen, ihm ihren innersten Namen sagen, uns selbst ihr Wesen ankündigen. Das meinten die alten Pythagoräer, die eine solche Schulung hatten, und die in ein solches Hören der Welt einweihten, wenn sie von der Sphärenmusik sprachen. Nicht ein bloßer Vergleich war es, es war das unmittelbare Wahrnehmen und Bewußtwerden dessen, was sonst hinter den Dingen sich verbirgt. Dieser Schleier der Natur zerstiebt vor den geistigen Ohren, und die Harmonie, die hinter diesem Schleier verborgen ist, tönt heraus. Das meint Goethe mit seinen Worten im «Prolog im Himmel». Nicht eine Phrase ist es, die da steht. Es wäre eine Phrase, wenn Goethe von einer tönenden Sonne sprechen würde. Aber nein, er spricht: «Die Sonne tönt nach alter Weise in Brudersphären Wettgesang, und ihre vorgeschriebene Reise vollendet sie mit Donnergang.» Das sind die aus der Weltenmusik herausklingenden Worte des Weltgeistes. Goethe setzt dies später noch einmal fort, da wo er sagt: «Tönend wird für Geisterohren schon der neue Tag geboren.» Wenn der Mensch diese Fähigkeit entwickelt, wird für ihn das Geistige bewußt. Dann liegt ihm der Gedanke so wahrnehmbar vor seiner Seele, wie dem gewöhnlichen Menschen der Körper.

Körper, Seele und Geist sind die drei Glieder der menschlichen Wesenheit. Der Mensch ist zunächst ein leibliches, körperliches Wesen. In seinem Inneren lebt und entwickelt sich das seelische Dasein. Und in diesem wiederum spiegelt sich und lebt auf als ein Drittes der Geist der ganzen Welt, soweit ihn der Mensch erfassen kann. Von außen in das Innere und von innen wieder hinaus, das ist der Weg, den der Mensch vom Körper durch die Seele zum Geist macht. Was gibt uns nun überhaupt die Möglichkeit, ein solches seelisches Dasein zu haben? Diese Möglichkeit verdanken wir der Tatsache, daß wir in der Seele leben können. Wir leben in Lust und Leid, in Schmerz und Freude, wenn wir es zunächst auch noch nicht äußerlich wahrnehmen. Wir leben auch in unserem Körper, aber den nehmen wir auch von außen wahr. Es ist ein Unterschied zwischen diesen zwei Gebieten des Daseins. In der geisteswissenschaftlichen Weltanschauung nennt man dasjenige, was man so um sich herum hat: Dasein völliger Bewußtheit. Unser Bewußtsein verbindet sich zunächst mit dem körperlichen Dasein. Dieses Bewußtsein lebt so nur auf dem physischen Plan und den physischen Plan nennen wir das, was sich um uns herum für die Sinne ausbreitet. Etwas anderes ist das, was in unserer Seele lebt. Das nennt man Leben, und dieses Leben nennt man ein Dasein auf dem sogenannten astralen Plan. Der physische Plan und der astrale Plan sind die beiden Gebiete, in denen der Mensch lebt. Auf dem physischen Plan ist sich der Mensch bewußt, auf dem astralen Plane lebt er nur. Da bildet er sich die Dinge, die außer ihm sind, noch nicht bewußt. Aber er lebt im Seelischen oder Astralen.

Die dritte Art des Daseins ist das geistige Dasein. In ihm leben wir im allgemeinen als gegenwärtige Menschen noch nicht oder höchstens nur teilweise. Indem wir uns aber in den Geist hineinleben, verbindet sich dieser Geist selbst allmählich mit unserer Seele und wir können sagen, diese Seele breitet sich über die ganze Umwelt aus, sie wird immer größer und größer. Wenn der Mensch die Außenwelt ergreift, den Sinn und den Geist der Außenwelt erfaßt, dann ist er nicht mehr bloß in seinem Inneren beschlossen, sondern dann schreitet er kühn aus sich selbst heraus und verbindet sich mit den Dingen um ihn her. Vergleichen Sie in dieser Beziehung das Tier mit dem Menschen. Das Tier lebt sozusagen ganz in der Seele. Es schafft sich nicht Begriffe von der Umwelt. Es erweitert seine Seele nicht über das Geistige der Welt. Dies ist auch der Unterschied des Menschen vom Tier. Das Tier lebt und webt sozusagen in seinem Innern. Der Mensch aber tritt wieder aus seinem Inneren heraus. Wir könnten das auch mit den Worten benennen: Der Mensch entselbstet sich. Seele, Innenleben hat der Mensch immer. Dieses Innenleben ist da. Aber die Entwicklung des Menschen besteht darinnen, daß er dieses Innenleben ausdehnt über seine Umwelt, über dasjenige, was um ihn her ist, über den Geist, daß es ausfließt und ausströmt über die ganze Welt. Wenn das geschieht, dann verbindet sich des Menschen Seele mit dem Ewigen. Dann tritt diese Ehe der Menschenseele mit dem Ewigen, dem Weltengeiste ein. Dann, wenn diese Verbindung des Menschen mit dem ewigen Weltengeist eintritt, verwandelt sich diese ganze Summe von Lust und Leid, diese ganze Welt von Trieben und Begierden und Leidenschaften in unserem Inneren, der ganze Astralkörper des Menschen wird ein anderer. Diejenige Lust, diejenigen Instinkte des Menschen, die ihm gegeben sind, so wie er aus der Hand der Natur hervorgegangen ist, die er mit dem Tiere gemein hat, alles dieses seelische Leben verschwindet und vergeht und gehört als solches dem Vergänglichen an. Versuchen Sie sich einmal zu vergegenwärtigen, was an solchen Instinkten, Leiden und Freuden im Menschen lebt und wie sich dieses Leben abspielt im Menschen. Sie hängen zusammen mit dem Vergänglichen.

Nun beginnt der Mensch herauszutreten aus dem Kreise dieses Vergänglichen. Er veredelt seine Triebe und Begierden, seine Leidenschaften, er hört auf, bloß an dem, was an Ort und Zeit gebunden ist, Gefallen und Mißfallen zu finden. Er erhebt sich zu dem, was hinter den Dingen liegt und durch den Schleier des Sinnlichen eben verborgen ist. Das ist etwas Wichtiges, wenn der Mensch anfängt, Freude haben zu können an dem, was nicht bloß sein Auge ihm gibt, sondern auch dem, was durch die Eindrücke seiner Augen aus der geistigen Welt in seine Seele sich senkt. Das ist ein großer Moment in der menschlichen Entwicklung, wenn der Mensch nicht mehr bloß seinen sinnlichen Instinkten folgt, sondern von übersinnlichen Motiven, von sittlichen Ideen und Begriffen geleitet wird, die nicht von außen, sondern vom Geiste her eindringen. Ebenso wie der Körper von Seele durchsetzt ist, so durchsetzt sich die Seele mit dem Geist. Nehmen Sie den Menschen auf gewissen früheren Entwicklungsstufen, da finden Sie ihn als körperliches Wesen und dieses durchsetzt von der Seele. Während der Mensch als Körper vor Ihnen steht, lebt er in seinen Trieben und Leidenschaften sein Dasein aus. Immer mehr und mehr kommt von dem Übersinnlichen in die Seele hinein. Sie wird durchsetzt mit dem Geistigen. Dieses letztere, also wenn die Seele allmählich durchsetzt wird mit dem Geistigen, hebt die Seele heraus aus Zeit und Raum, und so viel in der Seele über Zeit und Raum Erhabenes ist, so viel ist in ihr Unvergängliches, so viel bleibt von ihr als eine unvergängliche Wirkung ihrer selbst. So sehen Sie, daß ebenso wie die Seele eingebettet ist in einen Körper, der Geist eingebettet ist in die Seele. Und wie die Einbettung der Seele in den Körper uns auf eine urferne Vergangenheit hinweist, in der sie nach und nach miteinander verbunden wurden, so weist die Verbindung der Seele mit dem Geist in die Zukunft der Menschheit hinein. Ganz stufenweise geschieht diese Entwicklung. Sie geschieht zunächst so, daß immer mehr und mehr der Geist die Seele durchsetzt.

Bedenken Sie, wie der Anfang des geistigen Inhalts in der Seele zunächst ist. Denken Sie, Sie haben einen Gegenstand vor sich. Sie sehen ihn als sinnlichen Gegenstand. Sie drehen sich um: der sinnliche Gegenstand ist nicht mehr vor Ihnen. Aber ein Bild dieses sinnlichen Gegenstandes ist vor Ihnen. Wir nennen das die Vorstellung von dem Gegenstand, in einer gewissen Beziehung die Erinnerung an ihn. Das bleibt in der Seele. Das ist das erste Element, wie der Geist in der Seele Platz greift. Es geschieht in der Form der Erinnerung. Wir könnten nicht irgend etwas von dem Geiste unserer Umwelt in uns aufnehmen, wenn wir nicht imstande wären, auch dann von den Gegenständen noch etwas zu wissen, wenn sie nicht mehr vor uns stehen. In der Erinnerung lebt das erste Element des Geistes in dem Menschen. Und wie es den Gegenständen der Umwelt gegenüber ist, so ist es auch der eigenen Seele gegenüber. Machen wir uns nur einmal klar, welche Rolle die Erinnerung in unserem Seelenleben spielt. Das Tier lebt ganz in der Gegenwart. Natürlich sind die Stufen, die ich angebe, die Grade, die ich mache, extremer ausgesprochen, als sie in Wirklichkeit sind. Auch die Tiere haben eine gewisse geistige Entwicklung durchzumachen, aber man muß im Ausdruck in eine gewisses Extrem verfallen, um die Sache klarzumachen. Was das Tier heute empfindet und erlebt, ist für dasselbe die Hauptsache. Was für die Menschen zunächst die Vergeistigung des ganzen Wesens ausmacht, das ist, daß er über die Gegenwart hinaus zu leben vermag. Indem wir von unserem Geistigen die Erinnerung mit in unsere Gegenwart, in unser Heute heraufnehmen, vergeistigen wir uns immer mehr und mehr; dadurch ergreifen wir den Geist im ersten Element. Ich habe das Geistige vor mir, wenn ich mich an die Erlebnisse von gestern erinnere. Die Erinnerung ist eines der wichtigsten Momente für die Vergeistigung des seelischen Lebens. Nun knüpft die Erinnerung den Faden an das mit dem Äußeren zusammenhängende geistig-seelisch Dasein an, das sich von der Geburt bis in die Gegenwart zieht. Könnten wir uns nicht an vergangene Tage erinnern, dann hätten wir nur wenig geistigen Inhalt. Es gibt heute noch Völkerschaften, welche eine solche Erinnerung nicht haben. Es gibt noch Völker, welche vergessen, welche Erlebnisse sie in der Kälte machen und daher jeden Abend von neuem sich eine schützende Hülle suchen müssen. Diese Erinnerung aufgenommen und immer mehr und mehr ausgebildet, das ist das, was derjenige sucht, der nach höherer Entwicklung strebt. Hier beginnt die Möglichkeit, über unser vergängliches Dasein, das zwischen Geburt und Tod eingeschlossen ist, hinauszublicken.

Denken Sie sich, daß Sie es sich zum Prinzip gemacht haben, Sinn und Vernunft in das Leben hineinzubringen durch die Erinnerung, und nicht bloß in der Gegenwart zu leben, sondern immer mehr zu lernen, das ganze Leben wie ein Tableau vor sich zu haben, mit dem Bewußtsein, daß nur aus diesem Ihrem ganzen zeitlichen Wesen herausfließen kann, was Sie vollbringen wollen. Wenn das der Fall ist und wenn das wieder ebenso zur Weckung innerer Kräfte verwendet wird, wie ich das vorhin angedeutet habe, als ich von dem Auflebenlassen der seelischen Inhalte durch die Versenkung sprach, dann können wir den Rückblick immer weitertreiben, ihn gegenständlicher und gegenständlicher zu machen versuchen und bis zu der Geburt zurückführen. Man kann das machen. Es gehört aber unendliche Geduld dazu; wir werden ja von diesen Methoden noch sprechen. Dann erblickt man von der Seele auch dasjenige, was nicht zwischen Geburt und Tod eingeschlossen ist. Dann lernt man das, was innerhalb dieses Lebens zwischen Geburt und Tod vorgeht, anzuknüpfen an anderes. Da lerne ich, durch die ureigenste Betrachtung in der Erinnerung, mein Heute an das Gestern anzuknüpfen und sinnvoll die Wirkung von heute mit der Ursache von gestern zusammenzufügen; da lerne ich, den inneren Faden von Ursache und Wirkung in meiner Seele zu verfolgen.

 

Immer mehr und mehr vergeistigt sich der Mensch. Die erste Stufe ist die, wenn er aus des Daseins Lust und Leid herausgeht und für das Übersinnliche Gefühle, so etwas wie Lust und Leid hat. Je weiter er dieses ausbildet, desto mehr bewahrheitet sich für ihn der schöne Satz Platos: Der Körper ist vergänglich, weil er von Vergänglichem sich nährt, der Geist aber ist unvergänglich, weil er von ewiger Nahrung sich nährt. – So ist das Verhältnis von Leib, Seele und Geist. Der Leib vergeht. Was man von dem Menschen sehen kann, wird mit dem Tode der Erde übergeben. Was aber als Lust und Leid im Menschen lebt, das Seelische, ist nicht mit der Geburt entstanden, sondern ist mit etwas verknüpft, was über die Geburt hinausreicht. Es erweitert sich damit das Seelendasein über die Grenzen von Geburt und Tod. Dasjenige aber, was der Mensch in sich aufnimmt, indem er aus seiner Seele wieder herausgeht und mit dem Geiste sich verbindet, das verbindet diese Seele selbst mit den ewigen Quellen des Daseins. Das vergöttlicht die Seele. So wird des Menschen Seele sichtbar außer dem Leib. Soweit sie an den Leib gebunden und mit ihm eins ist, ist sie etwas Vergängliches. Verbindet sich die Seele mit dem Geistigen, so wird sie dadurch mehr und mehr ein Ewiges und Unvergängliches. Damit kommen wir zum Punkt, wo wir begreifen, was menschliche Selbsterkenntnis ist, was wahres Erkennen des menschlichen Inneren ist.

Zunächst erlebt der Mensch seine Seele in seinem Inneren, indem er Lust und Leid, Freude und Schmerz erlebt. Dann aber gehen dieser Seele die Vorstellungen auf, welche wieder verschwinden. Es lebt da etwas auf, was den bloßen Sinnen verborgen ist. Was da in der Seele auflebt, hat der Mensch zunächst als den bloßen Gedanken in sich. Aber er verbindet im Laufe des Lebens diesen Gedanken mit seiner Seele. Er lernt fühlen und mitempfinden mit dem Geistigen und hat zuletzt das Geistige gern und liebt es, wie er vorher nur das Sinnliche gern und lieb gehabt hat. Die Begierde erstreckt sich schließlich über alles Geistige. Die Selbstsucht wird zu einer selbstlosen Liebe zum Unvergänglichen. In der Selbstsucht wird des Menschen Liebe in der Seele erfaßt. Aber indem wir sie tief im Innern als Geist erfassen, wird uns klar, daß wir dieses Selbst in der ganzen übrigen Welt finden, daß wir verbunden sind mit der ganzen übrigen Welt und das, wie wir aus dem Physischen geboren sind, es ebenso wahr ist, daß wir als Geist stündlich aus dem geistigen Universum, der geistig-göttlichen Welt heraus geboren werden. Suchen wir daher unser höheres Selbst, das wie ein Funke in uns vorhanden ist, dann werden wir das Geistige in der ganzen Umwelt sehen. Das ist die große Weisheitserkenntnis, welche die Vedantaphilosophie zusammengefaßt hat in den Spruch: Tat tvam asi – Das bist du. – Wenn der Mensch seines Geistes bewußt ist und seine Entwickelung beginnt im Hinausschreiten in die Welt, dann erweitert sich sein Selbst zu dem Geiste des Universums, zu einem Geistselbst-Dasein, und wir sind dann unserer ureigenen Wesenheit nach überall. Dann wird für uns das, was bloßes Begreifen war, seelisch verwandter Inhalt, und das ist wirklich Erhebung der Seele zum Geist, Erhebung in wirkliches geistiges Leben.

Es gibt einen Anfang des geistigen Lebens, der ist aber dürr und kalt. Da gibt es nun Menschen, welche nur warm werden, wenn es sich um Seelisches handelt, Menschen, die sich freuen und die leiden, nur wenn es sich um Seelisches, um Schmerz und Lust handelt. Sie sagen, es bleibe das Geistige etwas Ödes und Kaltes. Schauen sie hinauf in die Sternenwelt, dann finden sie die Gedanken darüber abstrakt; aber sie sind dürr und kalt in ihrem Verstande. Wenn aber die Seele den Geist ergreift, dann fühlen wir, dann denken wir nicht bloß mit dem Universum, denn dann verwandelt sich die Anschauung durch Vernunft und Verstand in ein seelisches Erfassen des ganzen Universums. Was früher bloß Lust war, wird jetzt Lust am Geistigen, was Liebe war im Seelischen, wird jetzt Liebe zum Geistig-Göttlichen in der Welt. Unser Gefühl, das wir im Inneren verschlossen haben, breitet sich aus über die ganze Welt. Unser Selbst fließt aus, und wir werden Eins mit dem Allgeist. Entselbstet werden wir, und wir finden uns wiederum im Allgeist. Das ist etwas Höheres als das bloße Denken. Im Seelischen hat es der Mensch zur Empfindung gebracht. Im Geistigen fängt er an, den Verstand betätigen zu können. Aber er wird auch dahin kommen, wo er mit der Empfindung den Geist erreichen wird. Dann befindet er sich auf der Stufe zum Göttlichen. Das ist die Leiter, die er zu gehen hat mit eigener Kraft, die Seele mit dem Geist zu verbinden, daß sie eins werden. Das ist wahre Selbstbetrachtung. Wenn wir, wie wir einem Freunde begegnen und Wärme im Herzen empfinden, den göttlichen Geist, der die Welt durchflutet, nicht nur mit dem Verstande begreifen, sondern mit dem Herzen ergreifen, erfühlen und empfinden, dann dringen wir durch den Kopf und seine Weisheit zu dem Herzen und seiner Weisheitsliebe für die ganze Welt vor. So erheben wir uns, indem wir unsere Seele erheben, und so lernen wir nicht bloß unser engherziges Innere kennen, sondern wir erweitern unser Selbst und finden uns draußen in der Welt. Oft und oft wird es betont: Schau nur hinein in dein Inneres, da wirst du den Gottmenschen finden. – Nein, in sich selbst kann man nur das finden, was man in sich hat. Will man mehr in sich finden, so muß man dieses höhere Selbst erst entwickeln, und man entwickelt es, indem man das höhere Selbst ausbreitet über die ganze Welt. Nicht ein müßiges Beschauen seines Inneren meinten diejenigen, welche dem Menschen Selbsterkenntnis angeraten haben. Diese Selbsterkenntnis ist so gemeint, wie wir sie jetzt erfaßt haben, als einen Hinaufstieg von der Seele zum Geist. Dann fühlt der Mensch keinen Unterschied mehr zwischen sich und dem Tier, der Pflanze und dem Stein. Eine allgemeine Weltbruderschatsempfindung durchzieht sein Herz. Und dann, und nur dann, wenn der Mensch solches im Auge hat, versteht er als letztes Ziel der Entwicklung vom Leiblich-Seelischen zum Geistig-Seelischen das schöne Wort des Dichters, der zugleich ein Seher war: «Einem gelang es; er hob den Schleier der Göttin zu Sais. – Aber was sah er? Er sah – Wunder des Wunders – sich selbst!» Und der Geisteswissenschaftler fügt hinzu: In diesem Selbst findet er das Göttliche, und das ist eben Theosophie, göttliche Weisheit, das Herz, die Seele so hinaufzuheben zum Geist, daß es gelingt, die Weisheit mit dem Göttlichen zu verbinden und nicht nur Verständnis, sondern Allgemeingefühl für die göttliche Welt zu haben.

 

Dieses ist das Ende von "Körper und Seele und Geist"
Zur englischen Version dieses Kapitels: Body and soul and spirit

Zu Kapitel: [56]

 

 

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